mit Prof. Dr. Mark Spoerer et al.
Am 20. Mai fand im Rahmen des GRK-Kolloquiums das erste Modeling Interdisciplinary Research | Senior Advisor Q&A statt, zu dem alle GRK-Mitglieder - sowohl Graduierte, als auch Betreuer/innen - eingeladen waren. Die Idee zu diesem Workshop ist aus den DFG-Fragebögen zur ersten Förderperiode hervorgegangen. Bei der ersten interviewartigen Diskussionsveranstaltung dieser Art sprach das GRK in entspannter Atmosphäre mit einem erfahrenen Forscher aus dem Trägerkreis zu Fragen der Gestaltung interdisziplinären wissenschaftlichen Arbeitens.
Prof. Dr. Mark Spoerer, Lehrstuhlinhaber an der UR für das Brückenfach der Wirtschafts- und Sozialgeschichte, das schon per se Kongruenzen zwischen historiographischen, ökonomischen, statistischen und soziologischen Perspektiven fokussiert, referierte seine interdisziplinären Erfahrungen im akademischen Bereich und trat mit der Gruppe in einen offenen Austausch zu virulenten Themen im Bereich der Interdisziplinarität: Sei es in Bezug auf den Zuschnitt von Dissertationen, seien es strukturelle oder methodologische Herausforderungen, sei es im Hinblick auf mögliche post-doc-Projekte, seien grundsätzliche Überlegungen.
Es herrscht seitens aller Diskutand/inn/en Aufgeschlossenheit, interdisziplinäre Erfahrungen im Senior Advisor Q&A zu teilen! Fragen, insbesondere solche, die vielleicht eine gewisse vorbereitende Überlegung erfordern, konnten in einem kollaborativen Dokument gesammelt oder spontan im Verlauf der Videokonferenz gestellt werden.
Zu den Fragen gehörten unter anderem:
- Wie kann man auf eine effektive Arbeitsatmosphäre und auf eine gute Zusammenarbeit in einer interdisziplinären Forschungsgruppe hinarbeiten, in der die Mitglieder aus unterschiedlichen Disziplinen kommen?
- Interdisziplinarität erfordert eine Erweiterung der wissenschaftlichen Fähigkeit über die Grenzen des eigenen Fachgebiets hinaus. Wie eingehend muss man sich diese neuen Disziplinen aneignen?
- Inwieweit kann/soll/darf schon die Themenwahl bzw. die Formulierung der konkreten Fragestellungen einer Dissertation (oder eines anderen Projekts) vom interdisziplinären Austausch bestimmt sein?
- Welche Bedeutung hat Interdisziplinarität für die Wahl der Untersuchungsmethoden?
- Wieviel Interdisziplinarität "verträgt" ein disziplinäres Forschungsprojekt, besonders eine Qualifikationsarbeit?
- Echte Interdisziplinarität kommt selten zu Stande; auch in Verbundprojekten verbleibt man nicht selten im Stadium der Multidisziplinarität. Wie gelingt es einem nicht nur fachfremd zu dilettieren, sondern Kompetenzen bzw. Vorzüge verschiedener Disziplinen zu verbinden?
- Wie leiten Sie Ihre Studierenden zum interdisziplinären Forschen an?
- Welche schon veröffentlichten Monographien, Papers, Editionen oder Datenbanken entsprechen Ihrer Auffassung von einer gelungenen interdisziplinären Forschungsarbeit? Was macht diese wissenschaftlichen Publikationen konkret vorbildhaft?
- Wie sieht in Ihren Augen gelungene interdisziplinäre Kommunikation aus – strukturell sowie quantitativ und qualitativ innerhalb eines konkreten Forschungsprojekts?
- Welche Rolle spielt die methodologische (Selbst-)Verortung integrativer Zugänge – also Labels wie „Interdisziplinarität“, „Transdisziplinarität“, die fast schon pejorativ konnotierte „Multidisziplinarität“ usw. – Ihrer Erfahrung nach bei der Begutachtung von Qualifikationsarbeiten, Anträgen oder Bewerbungen?
- Wie erkennt man als Nachwuchswissenschaftler/in die wissenschaftliche Qualität und „Passung“ potentieller interdisziplinärer Forschungspartner, wenn man mit der Fach- bzw. Publikationskultur des Gegenübers (noch) nicht vertraut ist?
- Bei welchen Themenkomplexen und Fragestellungen sehen Sie nicht ausgeschöpftes interdisziplinäres Potential bzw. Forschungsdesiderate oder noch unterschätzte Synergien?
- Wenn Sie auf Ihre bisherige Forschungsbiographie zurückblicken: Inwiefern haben Sie Interdisziplinarität als nachhaltige Bereicherung Ihres Methoden- und Perspektivspektrums erlebt? Gibt es – vielleicht überraschende – Aspekte interdisziplinären Arbeitens, die sich auch in der Retrospektive als nicht überwindbare Herausforderungen oder Belastungen erwiesen haben?
- Wie tief kann und sollte man – gerade in der prae- oder post-doc-Phase – in "fachfremde" Disziplinen eintauchen?
- Wie stehen Sie zu interdisziplinär besetzten Gutachter-/Mentorengremien? Welche Vor- und/oder Nachteile sehen Sie auf Basis Ihrer Erfahrungen?
Das Senior Advisor Q&A hat dem GRK authentische und sehr offene Einsichten in die Prämissen und Realitäten interdisziplinären Arbeitens gebracht. Aus dem bisherigen Feedback ist deutlich geworden, wie wertvoll ein solcher Austausch zwischen den Fachdisziplinen über Erwartungshorizonte und Spielräume für die Forschungspraxis und -planung für die Gruppe ist, so dass eine künftige Wiederholung in alternativer Zusammensetzung wünschenswert erscheint. Wir danken Mark Spoerer für sein Entgegenkommen, im Zentrum des ersten Formats so aufgeschlossen mitzuwirken, und dem Trägerkreispodium für die spannenden Diskussionsimpulse.