Am 05.02.2020 wurde die Reihe der GRK-Kolloquiumsvorträge des Wintersemesters 19/20 mit dem Vortrag von Charlotte Neubert um 16 Uhr c.t. im Sitzungssaal Theologie PT 4.1.63 beschlossen - sie sprach zur „Construction of an Urban Identity in Late Medieval and Early Tudor London“.
Dieses seit April 2017 im Graduiertenkolleg durchgeführte Forschungsprojekt befasst sich unter historiographiegeschichtlichen Aspekten mit städtischer Identitätskonstruktion, die sich aus unterschiedlichen Quellengattungen zu London speisen. Beispielsweise geben Chroniken und andere Formen pragmatischer Schriftlichkeit Auskunft über prägende Narrative zur englischen Metropole. So betrachtet Charlotte Neubert für ihre Analyse u.a. die London Chronicles, Commonplace Books (sog. Kollektaneen) und – was im Zentrum des Vortrags stand – Prologe des Verlegers, Übersetzers und ersten Buchdrucker Londons William Caxton, die Reflexionen über das gesellschaftliche Zusammenleben in der wachsenden Weltstadt London und dessen ethische Grundlagen enthalten.
Die Produktion, Wahrnehmung, Fortschreibung und die Wirkungsgeschichte bestimmter Narrative in der longue durée bis zur Gegenwart bilden den Kern der Untersuchung, die auf Selbstbe- und zuschreibungen von Londoner Kaufleuten fokussiert und damit sowohl kultur-, als auch wirtschaftshistorische Erkenntnisinteressen des GRK 2337 „Metropolität in der Vormoderne“ aufgreift.
Die Schriften Caxtons vor dem Hintergrund der „Oligarchisierung“ der Protagonisten (um als „good men“ die Geschicke der Handelsstadt mitbestimmen zu können, war ein Deposit von 1.000 Pfund zu hinterlegen) und der Diskurs über den „common profit“ mit Rückgriffen auf die christliche Lehre (T. von Aquin) und Impulse des Humanismus bildeten die Grundlage von Charlotte Neuberts Ausführungen. Eine interdisziplinär anregende Diskussion beschloss den Vortrag und damit die Reihe der GRK-Kolloquiumsvorträge.