Am 29.04.2020 um 16 Uhr c.t. startete die Reihe der ausführlichen Zoom-Vorträge im GRK-Kolloquium mit Daniela Mathubers Projekt „Na Moskve net carja. Das samozvanstvo als kulturelles Gedächtnis in der Geschichte Russlands.“ Daniela Mathuber hat Geschichte und Slavistik an der Universität Wien studiert und sowohl einen Master in Slavistik zur Bildsymbolik in Tolstois "Krieg und Frieden", als auch einen Master in Osteuropäischer Geschichte mit einer Vorstudie zum Phänomen der samozvanstvo abgeschlossen. Seit 2017 ist sie Stipendiatin der Graduate School for East and Southeast European Studies (UR, LMU München).
Ihr Dissertationsprojekt, das sich mit dem Phänomen der „falschen Zaren“ im vormodernen Russland befasst, bietet aus Perspektive der Metropolitätsforschung erhellende Einblicke in Wahrnehmungen von Zentralität und Peripherie, sowie die (De-)Konstruktionen von Identitäten und bedient somit diverse kultur-, religions- und/oder sozialwissenschaftliche Interessenfelder des Graduiertenkollegs.
In Russland gab es im 17. und 18. Jahrhundert zahlreiche Fälle, in denen sich Personen mit unterschiedlichstem sozioökonomischen Hintergrund und diversen Intentionen als Mitglieder der Herrscherdynastie ausgegeben haben. Davon berichten Rechts- und Zeitungsquellen, aber auch Bilder, Folklore und Lieder. Vor allem im Zusammenhang mündlicher Kommunikation lässt sich das Repertoire und der Wissensbestand, auf das die selbsterklärten Zaren zurückgriffen, rekonstruieren. In ihrer Performativität zwischen narrativer und historischer "Wahrheit" zeigt eine Analyse dieser Protagonisten zeitgenössische Konzepte und Konventionen auf, etwa hinsichtlich von Zentralität und Peripherie oder auch des Öffentlichkeitsbegriffs in der Vormoderne. Diese Aspekte können auch für die Herausarbeitung metropolitaner Bedeutungsaspekte in vormodernen Gesellschaften bereichernd sein, wie die lebendige Diskussion innerhalb der digitalen Runde bezeugte.
Vor allem aber zeigte Daniela Mathubers Vortrag ganz klar das Austauschpotential, das zwischen den Schwerpunkten des GRK und den Regensburger Area Studies sowie der Graduate School for East and Southeast European Studies (UR, LMU München) vorhanden ist.
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