Die kleine Lena wurde direkt nach der Entbindung vom Kinderorthopädenteam gesehen. Trotz einer normalen Schwangerschaft wurde das Mädchen mit zwei stark deformierten Beinen geboren (Abb. 1).
Das genaue Ausmaß der Fehlstellung war erst durch ein Röntgenbild zu beurteilen (Abb. 2). Außerdem wies Lena eine Ausrenkung (Luxation) der Hüfte auf. Dies bedeutet, dass der Hüftkopf nicht in der Hüftpfanne ist.
Diagnostiziert wird eine Hüftausrenkung heutzutage durch eine Sonographie (Ultraschalluntersuchung) der Hüfte. Diese Untersuchung ist komplett ungefährlich und wird inzwischen bei jedem Neugeborenen in den ersten Tagen nach der Geburt routinemäßig durchgeführt. Hätte bei diesen ausgeprägten Befunden keine Therapie stattgefunden, wäre Lena nie in der Lage gewesen zu stehen, geschweige denn normal zu gehen.
Unsere therapeutischen Maßnahmen konzentrierten sich zunächst auf die ausgerenkte Hüfte, die mit einer speziellen Hüftspreizbandage behandelt wurde. Diese positioniert den kindlichen Hüftkopf durch Abspreizung und Beugung im Hüftgelenk in die Hüftpfanne. Diese Einstellung der Hüfte in der Bandage ahmt die kindliche Stellung im Mutterleib nach. In fast allen Fällen kann durch diese Therapie eine gute Stellung des Hüftgelenkes erreicht und eine Operation vermieden werden.
Da bei Lena die Hüftfehlbildung jedoch so ausgeprägt war, dass durch diese Schienenbehandlung keine Besserung zu erzielen war, erfolgte die Operation. Dazu wurde ein Hautschnitt von ca. 4 cm Länge in der Leiste angelegt und das Hüftgelenk freigelegt. Da an dieser Stelle viele wichtige Strukturen, wie Nerven und Gefäße verlaufen, ist bei dieser Arbeit äußerste Sorgfalt angebracht. Hierdurch konnten wir den Hüftkopf unter Sicht in seine richtige Position bringen. Während derselben Operation wurden die Knochen der beiden Unterschenkel so durchtrennt, dass die Knochen in eine gerade Stellung gebracht werden konnten. Damit die beiden Knochen wieder zusammenwachsen konnten, wurde ein dünner Draht, der später wieder entfernt wurde, in den Knochen eingebracht (Abb. 3).
Damit der Hüftkopf in der gewünschten Stellung gehalten werden konnte, wurde der kleinen Patientin für sechs Wochen ein Gips, der das Becken und die Beine einschloss, angelegt. In den nachfolgenden Kontrollen zeigte sich, dass der Knochen des Kindes gut zusammenheilte und eine gerade Stellung der Beine resultierte. Auch der Hüftkopf konnte in der Hüftpfanne gehalten werden. So konnte unsere Patientin bereits mit 12 Monaten die ersten Schritte machen und wie jedes andere Kind laufen lernen.
Mit 2½ Jahren sahen wir Lena das letzte Mal in unserer Kindersprechstunde. Lena konnte frei laufen und von den anfänglichen massiven Problemen, die nie ein Stehen oder Gehen erlaubt hätten, war nichts mehr zu merken (Abb. 4).