Zu Hauptinhalt springen

Sommersemester 2009


„Es gibt eine Rettung für ganz Israel!“

Ein Symposium zum Verhältnis Christliche Theologie und Judentum:

Ein Symposium über das Verhältnis der christlichen Theologie zum Judentum richtete die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Regensburg am Montag, den 27.04.2009 aus. Anlass war die Neuauflage des vor 30 Jahren in der Erstauflage erschienenen Werkes „Traktat über die Juden“ des emeritierten Regensburger Neutestamentlers Prof. Franz Mußner. Der 93jährige Autor hielt selbst den ersten Vortrag zu Grundlinien seines Werkes. In einem zweiten Vortrag befasste sich der evangelische Neutestamentler Dieter Sänger, Professor an der Theologischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität Kiel mit den unterschiedlichen Aussagen zum Judentum bei Paulus. Moderation und Einführung übernahm Prof. Tobias Nicklas, Professor für Exegese und Hermeneutik des Neuen Testaments (und damit Nach-nach-Nachfolger von Franz Mußner).

Ss09symposiumjudentum1Trotz der einhelligen Zurückweisung antijüdischer Tendenzen innerhalb der Piusbruderschaft auf allen Ebenen der Katholischen Kirche ist die Frage nach dem Verhältnis des Christentums zum Judentum alles andere als geklärt. Es gibt zerzeit wohl kein anderes Thema, dass unter Theologen so heiß diskutiert wird.

Erst in den vergangenen Wochen hatte eine Stellungnahme des Gesprächskreises Juden und Christen des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) mit dem Titel „Nein zur Judenmission – Ja zum Dialog zwischen Juden und Christen“ Reaktionen des Vorsitzenden der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Gerhard Ludwig Müller aus Regensburg hervorgerufen, so erinnerte der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät Prof. Andreas Merkt in seiner Begrüßungsrede. Teils Würdigung, teils Einspruch und begriffliche Differenzierung seitens Müllers zeigen die Diffizilität der Frage nach dem besonderen Verhältnis des Christentums zum „älteren Bruder“ Judentum. Dabei treibt die christliche Theologie bereits seit Paulus die Frage um, wie sich der Bund Gottes mit seinem auserwählten Volk Israel und die kirchliche Lehre von der Heilsuniversalität Christi zusammen denken lassen. Paulus hatte mit der Frage zu ringen, welches Verhältnis einzunehmen sei zu dem Großteil des Judentums, das das Bekenntnis zu Jesus von Nazareth als dem Messias verweigerte.

Es ist ein Gedanke Mußners, vor 30 Jahren in seinem „Traktat über die Juden“ niedergeschrieben, den seitdem viele Theologen teilen: Es gibt eine Rettung von ganz Israel (Vgl. Röm 11,26) auch ohne vorausgehende Bekehrung der Juden zum christlichen Evangelium. Diese Diskussion um „Heilswege“ und „Sonderwege“ meldete sich nicht zuletzt durch die neuformulierte Karfreitagsfürbitte von 2008 wieder zurück in der Theologie. Alles zusammen Anlass genug für eine Neuauflage des hoch geehrten, nach wie vor bahnbrechenden Werkes Mußners, für das er unter anderem mit der Buber-Rosenzweig-Medaille ausgezeichnet wurde.

Dr. Jörg Persch, Cheflektor für Theologie im Vandenhoeck & Ruprecht-Verlag überreichte dem Herausgeber und Initiator des Symposiums Nicklas die druckfrischen Bände. Mit der Neuauflage wird dieses vielfach übersetzte und aufgelegte Werk den Theologinnen und Theologen jüngerer Generation wieder zugänglich gemacht. Ist es doch, so erinnerte Nicklas in seiner Würdigung des Werkes, „ein bleibender Impuls unseres Fragens, Denkens und Schreibens“.

Im Festvortrag stellte Franz Mußner ausgehend von seinem Werk die Frage: „Was bringen die Juden den Christen zum Bewusstsein?“ Mußner wies daraufhin, das Jesus als Jude das Glaubenserbe Israels vertrat und vielen Juden wie Schalom Ben-Chorin und Martin Buber ein Bruder im Glaube war und ist. Der Verheißungsüberschuss von Gerechtigkeit und umfassendem Frieden, deren Durchsetzung Juden vom Messias erwarten, bleibt weiterhin uneingelöst. Schon die Schriften der Bibel Israels sehen in der Assimilation die Urversuchung des Judentums. Auf diesem Hintergrund deutete Mußner die neutestamentlich attestierte „Verstockung“ Israels (Röm 11,25) als Wille Gottes. Christliche Bekehrungsbemühungen an Juden sind daher, betonte Mußner, eine fragwürdige Sache. Paulus, der nach Röm 11,28 im Judentum die bleibende Geliebte Gottes sieht (der Gedanke einer Bigamie ist hier verfehlt!), wolle das Christentum vor jeder Form des Antijudaismus bewahren. Schließlich sei es jener eine Gott, der seinen Namen in Juda offenbart hat, von dem Jesus Christus als seinem Vater spricht.

Der evangelische Exeget Dieter Sänger stellte angesichts unterschiedlicher Aussagen des Paulus mit Blick auf das Judentum (1 Thess 2,14-16 und Röm 11,26) die Frage nach „Kontinuität und Wandel in den Israelaussagen des Apostels Paulus“. Sänger legte dar, dass Paulus sich trotz der Dominanz von Heidenchristen in den Adressatengemeinden nicht von seiner jüdischen Identität abgrenze. Ganz im Gegenteil spiele die Israel-Thematik bei ihm eine bedeutende Rolle. Für die Frage, ob Israel für Paulus jedoch noch eine heilsrelevante Größe sei, lassen sich verschiedene scheinbar widersprüchliche Aussagen vom „Zorngericht Gottes“ einerseits (1 Thess 2,14-16) und von der „Rettung ganz Israels“ andererseits (Röm 11,26) heranziehen. Es stellt sich die Frage, welche Position nun repräsentativ für das Israelverständnis des Paulus sei. Zusammendenken ließen sich beide Textstellen dann, schloss Sänger, wenn man berücksichtigt, dass im ersten Text eine Polemik gegen spezifische Gegner vorliege, in zweiten zentraleren Text (seinen „Traktat über die Juden“) aber eine davon unbeschadete universale Heilsperspektive, in der Christen und Juden verbunden sind.

Damit hat der jüngere evangelische Neutestamentler die Ergebnisse seines älteren katholischen Kollegen bestätigt und sogar noch erweitert: Es gibt eine „Rettung für ganz Israel“. Davon war Paulus vermutlich schon lange vor der Abfassung des Römerbriefs überzeugt. Die dort vertretene Lehre lässt sich nicht durch scheinbar gegensätzliche Aussagen des Apostels in anderen Briefen relativieren.

Matthias Brüggemeier


Die EU – ein (un)christliches Projekt? Religion und Werte in der Europäischen Union

Vortrag und Gespräch mit Dr. Henning Arp, Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in München

Die Professur für „Theologische Anthropologie und Werteorientierung“ (im Zusammenhang des Seminars „Die EU – ein (un)christliches Projekt“ von Prof. Dr. Bernhard Laux und Dr. Peter Schipka) und der Studentische Verein „Junges Europa“ laden alle Interessierten herzlich ein.

EU-Politik betrifft mittlerweile jeden von uns. Die Maßnahmen der EU prägen nicht nur die gesellschaftliche und politische Entwicklung in den Mitgliedsstaaten, sondern auch das Leben der einzelnen Menschen in erheblichem Maße. Herr Dr. Henning Arp, Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in München, wird in seinem Vortrag diesen Einfluss der EU auf die Menschen beleuchten. Besondere Aufmerksamkeit wird er den ethischen und religiösen Fragen widmen.

Portrait:

Herr Dr. Henning Arp ist seit Juni 2006 Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in München. Der gebürtige Kieler wuchs bei München auf und studierte Verwaltungs- und Politikwissenschaften in Konstanz, den USA und Florenz. Seit 1993 ist Herr Dr. Arp bei der Europäischen Kommission tätig, anfangs in der Generaldirektion Umwelt im Bereich Verkehrsfragen, anschließend als Büroleiter des Generaldirektors. Von 1999 bis 2004 war Herr Dr. Arp Mitglied im Stab der damaligen Umweltkommissarin Margot Wallström. Vor der Ernennung zum Leiter der Regionalvertretung der Europäischen Kommission in München arbeitete Herr Dr. Arp im Rahmen eines Beamtenaustausches in der Europaabteilung der Bayerischen Staatskanzlei.


Annus horribilis oder annus honorabilis?

41. Actus Academicus der Katholisch-Theologischen Fakultät

Der Actus Academicus ist jedes Semester ein besonderer Festakt der Katholisch-Theologischen Fakultät an der Universität Regensburg. Dekan Prof. Andreas Merk, legte am 17. Juni der Öffentlichkeit Rechenschaft über die denkwürdigen Ereignisse, fakultären Entwicklungen und erbrachten Leistungen innerhalb des letzten halben Jahres ab. Den Festvortrag stellte die Antrittsvorlesung Harald Buchingers dar, neuberufener Professor für Liturgiewissenschaft. Unter dem Titel „Lebensraum des Wortes: Zur Bibelverwendung der römischen Liturgie am Beispiel ihrer Gesänge“ konnte er durch seine (im doppelten Sinn) Interpretation gregorianischer Gesänge in der römischen Liturgie nicht nur fachlich überzeugen, sondern auch stimmlich begeistern.

Ss09actus2Als musikalischen Hochgenuss gestaltete sich der Actus Academicus für das Sommersemester 2009. Nicht nur von Einlagen des Chors der Katholisch-Theologischen Fakultät Theo-Dur und Arien, vorgetragen und begleitet von Dozierenden, wurde der Actus bereichtert. Prof. Buchinger konnte in seiner Antrittvorlesung das Autitorium außerdem durch die perfekte Wiedergabe von Floskeln aus gregorianischen Gesängen der römischen Liturgie gewinnen. So bewies er nicht nur seinen Rang als hochgeschätzter Liturgiewissenschaftler, sondern stellte auch seine stimmlichen Kompetenzen unter Beweis. Zuvor bereits hatte Dekan Prof. Merkt darauf hingewiesen, dass Buchinger „sub auspiciis praesidentis rei publicae“ promoviert hat, in Österreich die höchstmögliche Auszeichnung für einen Promovenden. Auch konnte der Dekan einen Brief der Wiener Fakultät verlesen, an der Buchinger als Assistent tätig war. In eindrucksvollen Worten gratulierte der Wiener Dekan und Vizedekan der Regensburger Fakultät zu dieser Berufung.

Lebensraum des Wortes

Ss09actus1Als „Lebensraum des Wortes“, also des biblischen Textes, hier vor allem der Psalmen, wies Buchinger in seinem Vortrag die konsequent biblisch geprägte römische Liturgie aus. Dies verdeutlichte er anhand von gregorianischen Gesängen aus verschiedenen Bereichen christlicher Liturgie. Für den Verlauf des Kirchenjahres zeigte er, wie einzelne Psalmengesänge das liturgische Formular eines ganzen Tages prägen. Gleichzeitig entwickeln verbale und melodische Anspielungen größere Zusammenhänge innerhalb der geprägten Zeiten, wie beispielsweise dem Osterfestkreis. Dabei seien die liturgisch neukontextuierten Psalmenverse zugleich Angebot der Rollenidentifikation für den singenden Gläubigen mit Christus, und damit „Einübung in die Christusförmigkeit“. Auf diese Weise drücke sich bereits in der alten römischen Liturgie das Anliegen aus, sie mit lebensweltlichen Erfahrungen zusammenzubringen. Auch in Ausblicken auf die Liturgie der Eucharistiefeier und die Tagzeitenliturgie ließ sich dies nachweisen. Darüberhinaus sei die liturgische Schriftrezitation auch Einübung in Bibelkenntnis mit dem Ziel, die zahlreichen Anspielungen der liturgischen Formulare aufeinander wiedererkennen zu können. Durch klare Bezüge entwickele sich so in den Texten der römischen Liturgie ein komplexes Netz von Anspielungen, welches erkennbare aber nicht exklusive theologische Botschaften transportiere Zum Abschluss dieses historisch geprägten liturgiewissenschaftlichen Vortrages wies Buchinger aber noch einmal auf eine praktische Dimension seines Faches hin. Die Theologie der Liturgie nämlich erschließe sich dem, der sie tue und auf diese Weise existentiell bereichert und herausgefordert werde. Kurz gesagt, sie wolle Erfahrungsräume eröffnen.

"Annus horribilis"

Ss09actus3Wie beim Actus Academicus üblich, hatte der Dekan vor dem Festvortrag das vergangene halbe Jahr an der Fakutltät Revue passieren lassen. Mit Blick auf den Anfang des Jahres mochte es manchem Beobachter erscheinen, wie ein „annus horribilis“. Da sorgte der Fall des Holocaust-Leugners Williamson für starke Irritationen innerhalb und außerhalb der Theologie. Es entbrannten in der Folgezeit innerkirchliche Diskussionen um das zueinander von kirchlichem Lehr- und Leitungsamt des Papstes und der Bischöfe und von universitärer Theologie. Der Dekan betonte, dass die Sorge dafür bei Papst und Bischöfen liege, dass es christliche Theologie ist, die an den Universitäten gelehrt wird. Neben der so verbürgten Kirchlichkeit der Theologie, bedürfe es aber auch ihrer Wissenschaftlichkeit. So haben die theologischen Fakultäten ihrerseits, mit Papst Benedikt gesprochen, für eine „Selbstreinigung des Glaubens durch die Vernunft“ zu sorgen. Das genauere Verhältnis beider Größen zueinander bedürfe noch der weiteren Klärung. So habe es die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Regensburg als ihre Aufgabe angesehen, (statt der Veröffentlichung eines kirchenpolitischen Manifests) die umstrittenen Zusammenhänge differenziert theologisch zu reflektieren. Einen Beitrag dazu leistete beispielsweise die Tagung „Christliche Theologie und Judentum“ mit dem vielbeachteten Vortrag des Regensburger Emeritus Franz Mußner anlässlich der Neuauflage seines „Traktats über die Juden“. Für dieses Werk hatte er vor dreißig Jahren die Buber-Rosenzweig-Medaille erhalten hat, eine hohe Auszeichnung für Verdienste um den jüdisch-christlichen Dialog.

Annus honorabilis

Ss09actus4Auch eine ganze Reihe weiterer Vorträge und Tagungen machten das vergangene halbe Jahr an der Universität Regensburg zu einem, das zu honorieren ist. So referierte beispielsweise Dr. Giorgio Filippi über seine Ausgrabungen am Sarkophag des Paulus in Rom. Auch konnte die Theologische Fakultät ihre neue Schwerpunktbildung vorstellen. Der erste Schwerpunkt „Theologische Anthropologie und Wertorientierung“ (kurz: TAWO) unter der Organisation von Prof. Bernhard Laux existiert bereits seit 2002. Daneben wurden die bisherigen Schwerpunkte Theologie der Spiritualität, Ökumenische Theologie, jüdisch-christlicher Dialog sowie Theologie und Kunst unter einer neuen Perspektive gebündelt mit dem Arbeitstitel „Die Bibel in kulturellen Diskursen“. Diesem neuen Schwerpunkt wusste sich bereits der Vortrag Buchingers verpflichtet. Auch das durch die DFG geförderte Projekt „Novum Testamentum Patristicum“ war hier zu nennen, eine Kommentarreihe zur Auslegung des Neuen Testaments in patristischer Zeit.
Die Gesamtzahl der Theologiestudierenden blieb mit über 1000 im vergangenen Semester auf einem hohen Niveau. Regensburg gehört damit zu den drei größten katholisch-theologischen Fakultäten Deutschlands.
Wie jedes Semester beendete der Dekan seinen Bericht mit den Ehrungen der Absolventen. Dr. Martin Mark erhielt die Habilitationsurkunde, Christine Jung den Dr.-Kurt-Hellmich-Preis für ihre Diplomarbeit an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen und Thomas Mayer sowie Johannes Stahlich die Diplomurkunde.
Dr. Ferdinand Prostmeier wurde zu seinem Ruf auf einen Lehrstuhl in Freiburg gratuliert, Dr. Matthias Fritsch zur Ernennung zum außerplanmäßigen Professor, Dr. Johann Kirchinger zur erfolgreichen Promotion. Der Dekan bedankte sich bei den Frauenbeauftragen der Fakultät Dr. Gabriele Zieroff und Dr. Kerstin Schlögl-Flierl für ihre Bemühungen um die Gleichstellung, die mit einem Anerkennungspreis ausgezeichnet wurden.
Insgesamt war es also kein annus horribilis für die Fakultät, sondern viel eher ein annus honorabilis, ein ehrungswürdiges Jahr und ein denkwürdiger Actus.

Matthias Brüggemeier-Koch


Kampf der Titanen

Fußballspiel der Studierenden gegen die Lehrenden

Wie nun schon Tradition geworden forderten die Studierenden die Lehrenden zum Fußballspiel heraus: Spiele, die immer auf des Messers Schneide stehen. Von der Fachschaft bestens organisiert und vorbereitet standen im Stadion Speisen und Getränke der feinsten Art für die Zuschauer, Wasser und Notfallkoffer für die Spieler bereit.

Titanen1Die Studenten – bei diesem Spiel durfte man ungestraft von Studenten reden (ein Fall für die Frauenbeauftragte!) – traten in schicken neuen Trikots in den Papstfarben an, die ihnen am Ende aber auch nichts nützten. Die Dozenten (diesmal konnte man das /innen sparen; auch dies ein Fall für die Frauenbeauftragte – warum spielte sie nicht mit?) traten im Blau-Weiß der Staatsbediensteten auf und verdeutlichten so die Staatlichkeit der Theologie.

Nach den Klängen der Nationalhymne, hingebungsvoll von Anna-Lena Wagensonner gesungen, entwickelte sich unter der nachsichtigen Leitung von Manuel Volaric ein prächtiges Spiel. Erwin „the voice“ Dirscherl – mit Horst Schlämmer und Franz Beckenbauer als Gast in der Sprecherkabine – begleitete mit seinen von keiner Sachkenntnis ungetrübten Kommentaren das Spiel auf das Einfühlsamste. Er las in den Spielzügen wie in einem aufgeschlagenen Buch und konnte manchen Ballverlust geradezu vorhersagen. Auch seine einfühlsamen Schilderungen von Personen, Bewegungsmustern und inneren Zuständen standen den Hochleistungen der Akteure auf dem Platz in keinster Weise nach.

Titanen2Das Spiel wogte zwischen den Toren hin und her. Bei den Lehrenden war die den Entwicklungstrend der Universität vorwegnehmende Internationalisierung des Kaders keinesfalls nachteilig: vom Dreamteam der großen Fußballnation USA konnte einen Tag nach deren glorreichem Sieg über Spanien Gastdozent und Humboldtstipendiat Jim Kelhofer gewonnen werden; im Tor warf sich Kisito Essomba von den unzähmbaren Löwen Kameruns allen Schüssen geschmeidig und unverzagt entgegen. Nachteilig erwies sich allerdings, dass sich die Dozentenmannschaft im vorauseilenden Gehorsam gegenüber den Wünschen des Rektors entschlossen hatte, im Wechsel jeweils 10 Min. auf Deutsch, Englisch, Latein und Oberpfälzerisch zu kommunizieren, woraus sich die vereinzelten Abstimmungsprobleme erklärten.

Während die Studierenden eine gewisse körperliche Überlegenheit erkennen ließen, konnten die Dozierenden das durch ihre hermeneutische Fähigkeit, das Spiel zu lesen und die notwendigen Entscheidungen reflektiert zu treffen, ausgleichen. Im Blick auf den binären Code des Systems Fußball „schießen/nicht schießen“ ist ja mit Luhmann festzuhalten, dass nicht eine Seite des Codes der anderen immer vorzuziehen ist. (Am Beispiel des Codes „haben/nicht haben“ in der Wirtschaft: Manche Banken wären froh, wenn sie manche Papiere nicht hätten.) Während die Studenten relativ einfallslos immer die Codeseite „schießen“ bevorzugten (aber auch nicht immer trafen), wurde auf Seiten der Dozierenden reflektiv erwogen, welche Seite des Codes zu setzen wäre. Leider wurden die Erwägensprozesse gelegentlich vom Spielverlauf überholt.

Er machte auch theologische Erkenntnisse anschaulich. Bekanntlich neigen Dirscherl/Dohmen in ihrer Interpretation von Exodus 33,23 dazu, die räumliche Vorstellung, dass Gott nur den Rücken zu erkennen gibt, durch eine eher zeitorientierte Interpretation, dass Gott erst im Nachhinein erkannt werden kann, zu ersetzen. Auf dem Platz (wo bekanntlich die Wahrheit liegt) zeigte sich erstens, dass das auch für manchen Menschen als Bild Gottes gesagt werden kann, und zweitens, dass die Interpretationen im Ergebnis auf das Selbe hinauslaufen. Im Blick auf die Gottesbildlichkeit des Menschen zeigte sich weiterhin, dass die in Regensburg präferierte Übersetzung mit „Statue Gottes“ der Dynamik des Geschehens nicht gerecht werden kann und in ihrer Allgemeinheit aufgegeben werden sollte. Es ist allerdings durchaus angemessen, dem Menschen als Professor den Ehrentitel eines Standbildes Gottes zuzusprechen (von dem auch recht professoral wirkende Wissenschaftliche Mitarbeiter nicht ausgenommen werden sollen.)

So wogte das Spiel von Tor zu Tor, ging schließlich zu Ende und gut aus.

Ach, das Ergebnis!
Vor Gott sind tausend Jahre wie ein Tag. In analoger Berechnung kann man von einem wahrlichen Unentschieden sprechen, selbst unter Berücksichtigung mehrerer Nachkommastellen.

Bernhard Laux

zum Seitenanfang


Fakultät für Katholische Theologie

 

Ein Foto des Uni-Wahrzeichens, der "Kugel" am Forum des Regensburger Campus