Die hochgradige Beweglichkeit der Schulter wird durch das komplexe Zusammenspiel von Knochen und Weichteilen (Kapsel, Muskeln, Sehnen) ermöglicht.
Verschleißerkrankungen der Schulter (Omarthrosen) sind zwar seltener als an den Hauptgelenken der unteren Extremitäten (Hüfte und Knie), betreffen dann aber nicht nur die knöchernen Gelenkpartner, sondern gehen häufig auch mit Defekten in der schulterumgreifenden Muskeln (Rotatorenmanschette) einher. Letztere ist maßgeblich für die aktive Schulterbeweglichkeit verantwortlich, kann aber mitunter bei ausgeprägten Zerstörungen (z.B. Rheuma) nicht mehr rekonstruiert werden.
Ein Röntgenbild und/oder eine Kernspintomografie der Schulter erlauben dabei eine gute Einschätzung von Art und Ausmaß der geschädigten Strukturen.
Bild 1: Hochgradige Arthrose des rechten Schultergelenkes bei defekter Rotatorenmanschette, Dezentrierung des Oberarmkopfes mit Einschliffspuren
unter dem Schulterdach
Konservative Therapiemöglichkeiten umfassen eine intensive physiotherapeutische Beübung zum Beweglichkeitserhalt und zur Kräftigung der verbliebenen Muskelgruppen an der Schulter begleitet von Bewegungsbädern, Wärme- bzw. Kälteanwendungen und Elektrotherapie. Die kontinuierliche Einnahme eines Schmerzmittels oder eines anti-entzündlichen Medikamentes ist sinnvoll. Zusätzlich kann eine Cortison-Injektion in den Schleimbeutel (Bursa) unter dem Schulterdach oder in den Gelenkraum selbst eine deutliche Schmerzreduktion erzielen.
Reicht diese Therapie nicht aus, ist bei derartigen Fällen die Versorgung mit einem künstlichen Schultergelenk (Endoprothese) angezeigt. Da eine Standard-Schulterendoprothese das Problem einer fehlenden Rotatorenmanschette biomechanisch nicht befriedigend lösen kann, muss in derartigen, desolaten Fällen eine sog. inverse Schulterendoprothese implantiert werden.
Bild 2: Röntgenbild nach Implantation einer inversen Schulterendoprothese. Schulterpfanne als konvexer, Oberarmkopf jetzt als konkaver Gelenkpartner geformt
Bei diesem speziellen Prothesendesign sind der konvexe und konkave Gelenkpartner quasi vertauscht. Es resultiert daraus eine verbesserte Vorspannung und Hebelwirkung für den verbleibenden Schulterkappenmuskel (Delta-Muskel), so dass funktionelle Defizite der fehlenden Rotatorenmanschette teilweise ausgeglichen werden können.
Das Nachbehandlungskonzept nach einer derartigen Operation umfasst wie bei einer Standardendoprothese neben einer 5-wöchigen Ruhigstellung in einem Schlingenverband eine ca. 3-4-monatige physiotherapeutische Nachbehandlung mit 2-3 Trainingseinheiten pro Woche. Eine Anschlußheilbehandlung kann stationär oder auch ganztägig ambulant durchgeführt werden. Ein programmiertes Training in Eigenregie, welches nach Anleitung vom Patienten täglich eigenständig umgesetzt werden kann, ergänzt die Nachbehandlung.
Eine inverse Schulterprothese vereint für diese speziellen Fälle mit ausgeprägter
Gelenk- und Muskelzerstörung an der Schulter die gute Schmerzreduktion mit
einem Funktionszugewinn.