Das Marienleben enthält mit zwanzig Holschnitten die meisten Illustrationen der Trilogie. In 18 Bildern werden entscheidende Stationen aus dem Leben der Gottesmutter erzählt. Die Marienvita ist freilich eine konstruierte, die neben den kanonischen Evangelientexten auf apokryphe Quellen zurückgreift. Schon in der Spätantike wuchs das Interesse an Einzelheiten aus dem Leben der Heiligen Familie. So erfreuten sich Erzählungen über die Eltern Marias oder die Kindheit und Jugend Jesu wie z. B. das Pseudo-Matthäus-Evangelium und die Legenda aurea des Jacobus de Voragine großer Beliebtheit. Im Mittelalter und der frühen Neuzeit fand die Marienverehrung ihren Ausdruck in zahlreichen Marienepen, die zum Teil illustriert waren.
Eine Differenzierung der Andachtsliteratur nach Gattungskriterien fällt schwer, da sowohl Inhalt als auch Form um 1500 immer wieder neu kombiniert wurden. Das Seelengärtlein oder der Hortulus animae (1498-1523) darf mit seinen mehr als hundert Auflagen als Beispiel für eine solche Mischform genannt werden: Bestandteile aus dem Stundenbuch, wie Marien- und Totenoffizium sowie ein Kalender des Kirchenjahrs, finden sich neben Gebeten für den persönlichen Gebrauch.
Die Marienverehrung erlebte zu dieser Zeit einen Höhepunkt: In der reichen Überlieferung einschlägiger Andachtsliteratur und den zahlreichen Gebetbüchlein wird Maria zum Ideal einer christlichen Gesinnung stilisiert. An ihrem Leben sollen die Freuden und Leiden der Heilswerdung und Erlösung nachvollzogen werden.
Der Rosenkranz erhielt um 1500 auch seine noch heutige gültige Gliederung nach zehn Ave-Maria-Gruppen.