Die Europäische Union baut mit Galileo derzeit ein eigenes Satellitensystem auf, mit dem eine vom US-amerikanischen GPS und russischen GLONASS unabhängige Satellitennavigation möglich sein wird. Da außerdem in den nächsten Jahren mit einem starken Anstieg der privaten Nutzung von Satellitennavigation – vor allem in kleinen mobilen Plattformen wie Smartphones – sowie damit einhergehend ein Ausbau entsprechender Dienstleistungen zu erwarten ist, wurde 2004 das Projekt HIGAPS (Hoch-integrierter Galileo-/GPS-Empfänger-Chipsatz) ins Leben gerufen. Das Projekt-Konsortium bestand aus namhaften Vertretern aus Forschung und Industrie und wurde vom DLR und dem Freistaat Bayern gefördert.
Ziel des ehrgeizigen Projektes war die Entwicklung eines Chipsatzes zur kombinierten Nutzung der Satellitennavigationssysteme GPS und GALILEO und dessen Demonstration im Rahmen eines historischen Stadtführers. Durch die erhöhte Zahl verfügbarer Satelliten erreicht der HIGAPS-Chip eine entscheidende Verbesserung sowohl bei der Genauigkeit (vor allem bei der Höhenberechnung) als auch bei der Zuverlässigkeit der Positionsbestimmung gegenüber der Nutzung eines einzelnen Satellitensystems.
Während HIGAPS Phase 1 die Anforderungen spezifiziert, die Basistechnologien erarbeitet und die Entwicklungsplattform geschaffen hat, lief bis Ende 2011 Phase 2 mit dem Ziel, den Chipsatz zum Einsatz in einer „Mobilen Plattform“ zur Serienreife weiterzuentwickeln. Der letzte Schritt sollte hierbei die Erprobung unter realen Bedingungen sein. Dazu standen neben dem Testgebiet GATE im Berchtesgadener Land die Stadt Regensburg als Testumgebung fest. Die Altstadt von Regensburg bedeutet wegen der tiefen Gassenschluchten und den damit einhergehenden Abschattungen, d. h. Bereichen mit schlechtem Empfang von Satellitensignalen, eine große Herausforderung für Satellitennavigation. Hier sollten die Vorteile des HIGAPS-Chipsatzes gegenüber einem einzelnen Satellitennavigationssystem besonders deutlich werden. Wegen der Verzögerungen beim Aufbau von Galileo konnte die technische Komponente bei der Abschlußpräsentation im November 2011 in Regensburg nicht demonstriert werden, da ausschließlich GPS zur Verfügung stand. Dies hatte jedoch keinen negativen Einfluss auf die historischen, durch den Lehrstuhl erarbeiteten Inhalte und deren Präsentation.
Der Lehrstuhl hat sich unter Prof. Dr. Peter Schmid zum ersten Ansprechpartner entwickelt, wenn es um die wissenschaftliche Erschließung der Regensburger Stadtgeschichte geht. Der Lehrstuhl beauftragte Joachim Friedl M.A. mit der Entwicklung des digitalen Stadtführers, mit dem Ende 2011 die Leistungsfähigkeit des HIGAPS-Chipsatzes demonstriert werden kann. Mit dem Regensburg | digital City Guide entstand in jahrelanger Arbeit ein modernes Führungssystem, das 100 der wichtigsten Sehenswürdigkeiten Regensburgs beinhaltet und dabei das komplette Gebiet des Welterbes (Regensburg mit Stadtamhof) und die gesamte Geschichte der 2.000 Jahre alten Domstadt von den Römern bis in die Gegenwart hinein abdeckt.
Die große Anzahl von POI (Points of Interest) macht eine Auswahl der Sehenswürdigkeiten notwendig. Dazu stehen zwei Methoden zur Verfügung.
Die erste Inidividualisierungsmöglichkeit geschieht auf Ebene der Führungszusammenstellung. Allen POI sind Merkmale aus fünf Kategorien zugewiesen, die eine ganz individuelle Auswahl der Sehenswürdigkeit z. B. nach Baustil oder Objektart erlaubt. So kann der Besucher beispielsweise eine Tour zu den fünf bedeutendsten gotischen Kirchen der Stadt durchführen. Die zweite Anpassung an das Besucherinteresse erfolgt durch die Gestaltung der Hörtexte. Sämtliche Informationen zu den POI sind in mehrere Teile zerlegt. Für die meisten Objekte stehen neben den Basisinformationen, die alles Wissenswerte zusammenfassen, auf Wunsch weiterführende und Details vertiefende Texte zur Verfügung.
Den Besuchern sollte mit dem HIGAPS-Chipsatz eine leistungsstarke Navigationskomponente zur Verfügung stehen. Um diese bestmöglich zu nutzen, wurden große Teile der Innenstadt in einem dreidimensionalen Modell abgebildet, das die Navigation in engen Gassen durch die reale Abbildung der Umgebung auf dem Display weiter vereinfacht.
Einzelne heute nicht mehr existierende Gebäude wurden als dreidimensionale Modelle nach aufwändigen Recherchen rekonstruiert, darunter der karolingische Vorgängerbau des heutigen Domes und die römische Porta Praetoria.
Den Abschlussbericht bei der Technischen Informationsbibliothek Hannover finden Sie hier als PDF (1,4 MB).
Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie
Deutsches Zentrum für Luf- und Raumfahrt e.V.
Joachim Friedl M.A.