Thema
Das Mittelmeer ist voller Inseln, auf denen eine, oft mehrere romanische Sprachen bzw. Dialekte gesprochen werden. Auch in und für Literatur oder Film stellen Inseln prägende reale und mentale Entitäten dar. Indem wir die transdisziplinären Ansätze der Island und Mediterranean Studies mit romanistischen Einzeluntersuchungen zusammenführen, möchten wir im Rahmen der Summerschool der Frage nach dem ‚Ob‘ und ‚Wie‘ einer Inselromania und ihrer möglichen Spezifik im Hinblick v.a. auf die westliche Mittelmeerregion nachgehen. Mediterranität soll dabei keine festgelegte, gar überzeitliche Essenz bezeichnen, sondern zunächst heuristisch auf Gemeinsamkeiten verweisen, die auf die geteilte ‚medi-terrane‘ Lage und Prägung zurückgehen könnten.
Insularität wird häufig mit Isolation gleichgesetzt (engl. insularity), kann jedoch auch Phänomene der Inselhaftigkeit (engl. islandness) meinen, die dem entgegenstehen: Kontakte und Wechselwirkungen mit Nah und Fern führen zu einem Spannungsverhältnis von Eigenständigkeit, Hybridität und notwendiger Abhängigkeit oder selbstverständlicher Öffnung. Die Grenze zwischen Land und Meer entspricht dabei – genauso wenig wie politische Grenzen – der Abgrenzung einzelner sprachlicher und kultureller Realitäten. Besonders deutlich wird das bei Inseln, die als Transiträume schon immer Sprach- und Kultur-Kontaktzonen waren, wie in besonderem Maße etwa Lampedusa und Malta. Auf den großen Mittelmeerinseln wie Sardinien und Korsika zeigen sich auf sprach- und kulturpolitischer Ebene oft widersprüchliche Tendenzen wie ein Bewusstsein von historisch gewachsener Heterogenität und gleichzeitig Homogenisierungsbestrebungen. Häufig übersehen, aber nicht weniger relevant sind kleinere Inseln, die als Satelliten wichtige Funktionen für große Inseln oder das Festland erfüllen und zudem beliebte literarische oder filmische Schauplätze darstellen – ob Verteidigungspunkte (Giraglia vor Korsika), Verbannungsorte (Lipari vor Sizilien) Gefängnisinseln (Cabrera bei Mallorca), Werkstattinseln (das venezianische Murano) oder Rückzugsorte wie Capri (für Künstler, Piraten, Separatisten etc.). Diese unmittelbaren Funktionsbeziehungen sind nur eine Dimension von Interinsularität, bei der in einer Gesamtschau nach mediterranen Spezifika zu fragen wäre. Neuere Ansätze der Mediterranean Studies gehen zudem davon aus, dass Mediterranität nicht notwendigerweise geographisch fixiert und damit an den Mittelmeerraum gebunden ist, sondern Merkmalsbündel beschreibt, die sich durchaus auch auf Inseln in der Karibik oder im Pazifik nachweisen lassen; somit sind auch Beiträge aus der Karibikforschung etc. erwünscht.
Als erste Hypothesen, die während der Summerschool diskutiert werden sollen, seien genannt a) eine grundlegende Palimpsesthaftigkeit mediterraner Inselliteratur (im Unterschied etwa zur kolonialen Imaginierung tropischer Inseln als tabulae rasae); b) Homogenisierungstendenzen politischer, sozialer und kultureller ‚pro-insularer‘ Bewegungen, die drohen, in kulturwissenschaftlicher Forschung gespiegelt statt hinterfragt zu werden; c) eine im Rahmen linguistischer Arbeiten oftmals zu beobachtende Fokussierung auf Inseln als isolierte ‚Sprachinseln‘ mit geringer Berücksichtigung ihrer historisch gewachsenen sprachlichen Heterogenität.
Ablauf
Der zweitägige Workshop widmet sich den großen Mittelmeerinseln, Satelliteninseln und Inselgruppen sowie der Interinsularität aus sprach-, literatur- und kulturwissenschaftlicher Perspektive.
(Ablaufplan folgt)
Förderer
Die Veranstaltung wird gefördert vom Deutschen Romanistenverband (DRV), der Vielberth-Stiftung e.V., dem Center for International and Transnational Area Studies (CITAS) und der Fakultät für Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften (SLK) der Universität Regensburg.