Historische Narratologie
DFG-Projekt: "Historische Narratologie und Raumchronistik: Herkunfts- und Gründungserzählungen in der bayerischen Landesgeschichtsschreibung des 15. Jahrhunderts"
Beginn: 01.07.2021
Projektleitung und Mitarbeiter(innen):
Prof. Dr. Edith Feistner
Dr. Verena Ebermeier
Projektbeschreibung:
https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/455367289
Das Projekt analysiert mit narratologischen Mitteln ein bislang in der Germanistik vernachlässigtes Korpus von Landeschroniken aus der Übergangsphase zwischen Mittelalter und Moderne im Hinblick auf Prozesse historischer Identitätsbildung und Geschichtskonstruktion. Es bezieht sich auf die im 15. Jh. in deutscher Prosa verfassten 'Bayerischen Landeschroniken' des Andreas von Regensburg, Ulrich Füetrer, Hans Ebran von Wildenberg und Veit Arnpeck und vergleicht diese sowohl untereinander als auch mit Texten - teils Vorlagen, teils konkurrierenden Versionen - aus anderen, universal-, kloster- und stadtchronistischen Kontexten mit entsprechend anderen Raumhorizonten, Konzepten von Zeitgliederung und Formen der Interaktion von Raum und Zeit. Der Vergleich setzt an bei den Erzählungen vom gentilen bzw. dynastischen 'Herkommen', in denen sich die Identität der Akteure konstituiert, und bei den Erzählungen von Kloster- und Stadtgründungen, in denen sich diese Identität im Lauf de rZeit auf dem Territorium der wittelsbachischen Herrscherdynastie vergegenständlicht. Das Erzählen von 'Herkommen' und Gründungen fokussiert die für die Landeschroniken jeweils charakteristische Wechselbeziehung von Raum und Zeit. Für die vergleichende narratologische Analyse sind daher die Fragen leitend, wie Raum und Zeit durch die jeweilige(n) Instanz(en) des Erzählens organisiert sind und wie sich die jeweilige Wechselbeziehung beider Kategorien in der Konzeption der Akteure, der Erzählperspektive sowie der narrativen Kohärenzbildung einschließlich der Affinität zu Erzählschemata niederschlägt. Dabei ist im Blick auf die Landeschroniken als Ganzes die Frage zentral, inwiefern sich die Koordination von Raum und Zeit mit Prozessen einer Ablösung des Konzepts vom Land als Geschichtsraum durch das einer "Vorstellungsfläche" (Dünne 2011) verbinden: Konstituiert sich, Itineraren ähnlich, Raum noch wesentlich als dreidimensional erlebbarer Nachvollzug von Schneisen, die politische Akteure göttlich gelenkt durch die Schöpfung gelegt haben? Oder wird das Land aus einer säkularisierten Schöpferperspektive 'von oben' in den Blick genommen und dabei im Zuge einer "Kulturtechnik der Verflachung" (Krämer 2016) die Ungleichzeitigkeit des gleichzeitig Wahrgenommenen bereits ähnlich eingeebnet wie in der ersten Deutschlandkarte aus der Schedelschen Weltchronik? Insofern könnte man auch von einer Diagrammatik des Erzählens von der Geschichte eines Territoriums sprechen, sodass Landeschroniken unter dem Vorzeichen des Projektthemas regelrecht in eine Position von Schlüsseltexten für historische Narratologie rücken.
Krieg
DFG-Projekt: "Krieg im Visier: Literatur im Deutschen Orden als Modell korporativer Identitätsbildung"
im Rahmen der Forschergruppe "Formen und Funktionen des Krieges im Mittelalter" an der Universität Regensburg
Ergebnis
Edith Feistner, Michael Neecke, Gisela Vollmann-Profe: Krieg im Visier. Bibelepik und -chronistik im Deutschen Orden als Modell korporativer Identitätsbildung. Tübingen 2007 (= Hermaea 114).
Projektleitung und Mitarbeiter(innen):
Prof. Dr. Edith Feistner
Dr. Gisela Vollmann-Profe
Michael Neecke
Projektbeschreibung
Das DFG-Projekt setzte sich zum Ziel, die Literatur im Deutschen Orden, deren Erforschung trotz des unbestritten hohen historischen Erkenntniswerts seit langem stagnierte, im Rahmen der Regensburger Forschergruppe 'Formen und Funktionen des Krieges im Mittelalter' an aktuelle Fragehorizonte anzuschließen. Prinzipiell ging es darum, zwei für den Literaturbetrieb im Deutschen Orden maßgebliche Werkgruppen, Bibelepik und Ordenschronistik, herauszugreifen und - anders als bisher - interpretatorisch auch eng aufeinander zu beziehen. Den wechselseitigen Projektionsbezug beider Gruppen indiziert schon die ausführliche biblische Fundierung des kriegsbezogenen Selbstverständnisses, wie es in den Deutschordensregeln und -statuten formuliert wird. Die Tatsache, dass sich diese biblische Fundierung im wesentlichen auf das Alte Testament und auf die Apokalypse bezieht, ist ein maßgebliches Kriterium für die Textauswahl im Bereich der Bibelepik. So wurde die bereits in der Pilotphase des Projekts begonnene Beleuchtung von Verswerken zum Alten Testament ('Judith', 'Hester', 'Die Makkabäer') vor allem durch auf die Apokalypse bezogene Verswerke (Heinrichs von Hesler 'Apokalypse', Tilos von Kulm 'Siben ingesigel') ergänzt. Beide Linien wurden dann anhand der ausgewählten Beispiele bis in den seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts von der Form der Prosa geprägten Literaturbetrieb des Deutschen Ordens hinein weiterverfolgt ('Königsberger Prosa-Apokalypse', Stulers 'Judith'- und 'Hester'-Prosen). Parallel dazu wurde auch im Bereich der Ordenschronistik, ausgehend von den in Versform verfaßten Beispielen der 'Livländischen Reimchronik’ und der 'Kronike von Pruzinlant' des Nikolaus von Jeroschin, der Blick auf deren prosifizierende Bearbeitungen bzw. Fortschreibungen im 14./15. Jahrhundert gelenkt (Prosafassung der 'Jüngeren Livländischen Reimchronik', 'Ältere Hochmeisterchronik’).
Die interpretatorische Aufbereitung der Texte erfolgte im Hinblick auf Problemhorizonte kulturgeschichtlicher Art. Damit war erstens gemeint der Problemhorizont der Konstruktion korporativer Identität im Bezugssystem von Selbstbild und Feindbild bzw. von Eigen- und Fremdkultur sowie zweitens der Problemhorizont der Affektzuschreibung und Affektbewertung im ‘Gewaltdiskurs’. Die entsprechend analysierten Einzeltexte aus der Gruppe der Bibelepik und aus der Gruppe der Ordenschronistik wurden dann schrittweise sowohl gruppenintern als auch gruppenübergreifend miteinander vernetzt, wobei es galt, auf den synchronischen Quer- und den diachronischen Längsschnitt zu achten.
Situierung im interdisziplinären Gesamtprojekt der Forschergruppe
Die historische Bedeutung des Deutschen Ordens, dessen Geschichte sich - seinem eigenen Selbstverständnis gemäß - im Mittelalter aufs engste mit Krieg verbunden hat, ist bekannt. Zugleich kommt dem Deutschen Orden eine eminente Bedeutung als Initiator, Träger und Adressat volkssprachlicher Literatur zu. Damit ist das Problemfeld der Literatur im Deutschen Orden, zugespitzt auf die Frage nach der literarischen Interessenbildung als Funktion einer auf körperlichen wie spirituellen Kampf ausgerichteten korporativen Identität, zentral im interdisziplinären Gespräch über Formen und Funktionen von Krieg verankert, das sich die Regensburger Forschergruppe mit Blick auf das Mittelalter zum Ziel gesetzt hatte. Das Problemfeld der Literatur im Deutschen Orden war sowohl auf den morphologischen Aspekt der Kriegsthematik bezogen (im Fokus des sog. 'Heiligen Krieges') als auch auf den Aspekt der medialen Repräsentation, der einen Anschluss an die Teilprojekte aus den Disziplinen Philosophie (Schönberger) und Kunstgeschichte (Stein-Kecks) erlaubte. Besonders enge Anknüpfungspunkte ergaben sich über das schon innergermanistisch verwandte Teilprojekt aus der Sprachwissenschaft (Greule) hinaus mit den geschichtswissenschaftlichen Teilprojekten (Kortüm) zum Themenkomplex des Feindbildes, zumal mit dem neu beantragten Teilprojekt 'Die Kreuzfahrer und ihre muslimischen Gegner'.
Ich-Wahrnehmung
DFG-Projekt: "Krieg im Visier: Literatur im Deutschen Orden als Modell korporativer Identitätsbildung"
im Rahmen der Forschergruppe "Formen und Funktionen des Krieges im Mittelalter" an der Universität Regensburg
Ergebnis
Edith Feistner, Michael Neecke, Gisela Vollmann-Profe: Krieg im Visier. Bibelepik und -chronistik im Deutschen Orden als Modell korporativer Identitätsbildung. Tübingen 2007 (= Hermaea 114).
Projektleitung und Mitarbeiter(innen):
Prof. Dr. Edith Feistner
Dr. Gisela Vollmann-Profe
Michael Neecke
Projektbeschreibung
Das DFG-Projekt setzte sich zum Ziel, die Literatur im Deutschen Orden, deren Erforschung trotz des unbestritten hohen historischen Erkenntniswerts seit langem stagnierte, im Rahmen der Regensburger Forschergruppe 'Formen und Funktionen des Krieges im Mittelalter' an aktuelle Fragehorizonte anzuschließen. Prinzipiell ging es darum, zwei für den Literaturbetrieb im Deutschen Orden maßgebliche Werkgruppen, Bibelepik und Ordenschronistik, herauszugreifen und - anders als bisher - interpretatorisch auch eng aufeinander zu beziehen. Den wechselseitigen Projektionsbezug beider Gruppen indiziert schon die ausführliche biblische Fundierung des kriegsbezogenen Selbstverständnisses, wie es in den Deutschordensregeln und -statuten formuliert wird. Die Tatsache, dass sich diese biblische Fundierung im wesentlichen auf das Alte Testament und auf die Apokalypse bezieht, ist ein maßgebliches Kriterium für die Textauswahl im Bereich der Bibelepik. So wurde die bereits in der Pilotphase des Projekts begonnene Beleuchtung von Verswerken zum Alten Testament ('Judith', 'Hester', 'Die Makkabäer') vor allem durch auf die Apokalypse bezogene Verswerke (Heinrichs von Hesler 'Apokalypse', Tilos von Kulm 'Siben ingesigel') ergänzt. Beide Linien wurden dann anhand der ausgewählten Beispiele bis in den seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts von der Form der Prosa geprägten Literaturbetrieb des Deutschen Ordens hinein weiterverfolgt ('Königsberger Prosa-Apokalypse', Stulers 'Judith'- und 'Hester'-Prosen). Parallel dazu wurde auch im Bereich der Ordenschronistik, ausgehend von den in Versform verfaßten Beispielen der 'Livländischen Reimchronik’ und der 'Kronike von Pruzinlant' des Nikolaus von Jeroschin, der Blick auf deren prosifizierende Bearbeitungen bzw. Fortschreibungen im 14./15. Jahrhundert gelenkt (Prosafassung der 'Jüngeren Livländischen Reimchronik', 'Ältere Hochmeisterchronik’).
Die interpretatorische Aufbereitung der Texte erfolgte im Hinblick auf Problemhorizonte kulturgeschichtlicher Art. Damit war erstens gemeint der Problemhorizont der Konstruktion korporativer Identität im Bezugssystem von Selbstbild und Feindbild bzw. von Eigen- und Fremdkultur sowie zweitens der Problemhorizont der Affektzuschreibung und Affektbewertung im ‘Gewaltdiskurs’. Die entsprechend analysierten Einzeltexte aus der Gruppe der Bibelepik und aus der Gruppe der Ordenschronistik wurden dann schrittweise sowohl gruppenintern als auch gruppenübergreifend miteinander vernetzt, wobei es galt, auf den synchronischen Quer- und den diachronischen Längsschnitt zu achten.
Situierung im interdisziplinären Gesamtprojekt der Forschergruppe
Die historische Bedeutung des Deutschen Ordens, dessen Geschichte sich - seinem eigenen Selbstverständnis gemäß - im Mittelalter aufs engste mit Krieg verbunden hat, ist bekannt. Zugleich kommt dem Deutschen Orden eine eminente Bedeutung als Initiator, Träger und Adressat volkssprachlicher Literatur zu. Damit ist das Problemfeld der Literatur im Deutschen Orden, zugespitzt auf die Frage nach der literarischen Interessenbildung als Funktion einer auf körperlichen wie spirituellen Kampf ausgerichteten korporativen Identität, zentral im interdisziplinären Gespräch über Formen und Funktionen von Krieg verankert, das sich die Regensburger Forschergruppe mit Blick auf das Mittelalter zum Ziel gesetzt hatte. Das Problemfeld der Literatur im Deutschen Orden war sowohl auf den morphologischen Aspekt der Kriegsthematik bezogen (im Fokus des sog. 'Heiligen Krieges') als auch auf den Aspekt der medialen Repräsentation, der einen Anschluss an die Teilprojekte aus den Disziplinen Philosophie (Schönberger) und Kunstgeschichte (Stein-Kecks) erlaubte. Besonders enge Anknüpfungspunkte ergaben sich über das schon innergermanistisch verwandte Teilprojekt aus der Sprachwissenschaft (Greule) hinaus mit den geschichtswissenschaftlichen Teilprojekten (Kortüm) zum Themenkomplex des Feindbildes, zumal mit dem neu beantragten Teilprojekt 'Die Kreuzfahrer und ihre muslimischen Gegner'.