Page 150 - Forschungsbericht 2015 bis 2018 Universtität Regensburg
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1 Translationale tierexperimentelle Forschung
                                                                            in der Neurobiologie hilft, die Mechanismen
                                                                            von Psychopathologien zu erkennen.











           Grafik © UR/Arbeitsgruppe Inga Neumann

















            poetin umprogrammieren lässt und vormals Renin-produzierende   und der Fakultät für Psychologie, Pädagogik und Sportwissenschaf-
            Zellen nun Erythropoetin herstellen können. Diese Forschung wurde   ten etabliert (siehe S. 48). In den Promotionsprojekten untersuchen
            durch einen Sonderforschungsbereich der Deutschen Forschungs-  die Doktorand*innen die Rolle von Neuropeptiden, wie dem Oxy-
            gemeinschaft (DFG) finanziert und wird seit 2019 mit einem neuen   tocin, von kodierenden und nicht-kodierenden Ribonukleinsäuren,
            Sonderforschungsbereich (SFB 1350) gefördert, der das Zusammen-  neuronaler Mitochondrien und Glia-Zellen des Gehirns bei der Ent-
            spiel der Zellen im Interstitium der Niere im Detail untersucht.   stehung emotionaler Dysfunktionen.

            Ein weiterer Schwerpunkt der Fakultät ist die  Neuro- und Ver-  Die Biochemie der Ribonukleinsäuren (RNA) steht im Zentrum
            haltensbiologie. Emotionale und soziale Dysfunktionen sind cha-  der wissenschaftlichen Aktivität einer Reihe von Arbeitsgruppen der
            rakteristische Symptome für Psychopathologien, wie zum Beispiel   Fakultät, die auch von einem DFG-geförderten Sonderforschungs-
            Angsterkrankungen, Depression, Autismus oder Schizophrenie, die   bereich (SFB 960) finanziert wird (siehe S. 43). Die Sequenzierung
            eine enorme individuelle sowie gesellschaftliche Belastung darstel-  des humanen Genoms zeigte, dass nur etwa 1,5 % der DNA-Infor-
            len. Bundesweite Statistiken belegen, dass etwa 30 % der Bevöl-  mation in Proteine übersetzt wird und etwa 90 % der DNA nach
            kerung unter einer psychischen Störung leiden; das Risiko, zumin-  ihrer Abschreibung  sogenannte nicht kodierende RNAs (ncRNA)
            dest zeitweilig psychisch zu erkranken beträgt sogar nahezu 50 %.   bilden. Diese ncRNAs übernehmen wichtige biologische Funktio-
            Damit belegen diese Erkrankungen einen Spitzenplatz im Hinblick   nen, wie zum Beispiel Steuerung der Zellentwicklung, Organisation
            auf Fehltage, Arbeitsunfähigkeit und frühzeitige Verrentung. Trotz   der DNA-Verpackung im Zellkern oder die Regulation der Protein-
            dieser dringlichen Situation sind die verfügbaren Behandlungs-  biosynthese und der Genexpression. Die vielfältigen Funktionen der
            möglichkeiten hinsichtlich Effizienz und zeitlichem Verlauf unzu-  ncRNAs bedingen auch ihre zentrale Funktion in Krankheitsprozes-
            reichend, da die zugrundeliegenden Mechanismen bisher wenig   sen, wie der Entstehung von Tumoren. Sie bilden zudem zusammen
            verstanden sind. Der Forschungsschwerpunkt der Neurobiologie   mit Proteinen spezifische RNA-Protein Komplexe, sogenannte Ribo-
            der Fakultät liegt bei der Untersuchung der molekularen und neuro-  NucleoProtein (RNP)-Komplexe, die für ihre Funktion verantwort-
            nalen   Mechanismen von emotionalem und sozialem Verhalten,   lich sind. In den Projekten des SFB 960 werden die Mechanismen
            insbesondere von sozialer Angst, Stress-Bewältigung, Aggression,   der Assemblierung der RNPs und deren Funktion untersucht. Die
            Paar-Bindung, oder olfaktorischen Prozessen des sozialen Gedächt-  Analyse der molekularen Funktionen der RNAs ergab in den letzten
            nisses unter normalen sowie pathologischen Bedingungen. Hierbei   Jahren viele überraschende und neue Funktionen für die RNA. Die
            werden anhand klinisch relevanter Tiermodelle, zum Beispiel für   Ergebnisse spiegeln das komplexe Regulationsnetzwerk innerhalb
            chronischen Stress, Angst- oder Depressionserkrankungen, Verän-  einer Zelle, das für die gesunde Entwicklung von Archaeen, Pilzen,
            derungen auf zellulärer, molekularer, hormoneller, genetischer und   Pflanzen und Tieren notwendig ist.
            epigenetischer Ebene untersucht.
                                                                Ökologie und Naturschutz  sind weitere zentrale Themen der
            Um die Ausbildung qualifizierter und translational forschender     Fakultät, die übergreifend als Feldforschung und Modellsimulatio-
            Nachwuchswissenschaftler*innen effizient zu gestalten, wurde ein   nen am Computer bearbeitet werden. Die bearbeiteten Forschungs-
            von der DFG gefördertes Graduiertenkolleg 2174 ›Neurobiology of   themen umfassen den Schutz, die Entwicklung und auch Wiederher-
            emotion dysfunctions‹ in Kooperation mit der Fakultät für Medizin   stellung von Lebensräumen. Aktuell haben diese wichtigen Themen


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