Repräsentationen außereuropäischer Sprachen in Reiseberichten des 17. und 18. Jahrhunderts
Vortrag von PD Dr. David Diop (Université de Pau)
Diese Brownbag Session wird vom DIMAS und PD Dr. Susanne Greilich (Romanistik, UR) organisiert, die das DFG-Projekt Transatlantic Knowledge Transfer and the Dynamics of Cultural Translation gemeinsam mit Prof. Dr. H.-J. Lüsebrink (Saarbrücken) leitet. Wir laden alle Kolleg:innen und Student:innen von UR und IOS herzlich zu diesem Vortrag am Mittwoch, 18. Oktober um 14:00 Uhr in SG. 214 ein.
Im Rahmen des DFG-Forschungsprojekts „Transatlantischer Wissenstransfer und kulturelle Übersetzungsdynamik. Textfiliationen, kulturelle Transformationen, (post)koloniale Asymmetrien“, (DFG-SPP 2130) ist vom 7.–21. Oktober 2023 der französische Wissenschaftler und Autor PD Dr. David Diop von der Université Pau (Frankreich) als Mercator-Fellow am Institut für Romanistik der UR zu Gast.
David Diop ist Spezialist für das 18. Jahrhundert und die frankophone Literatur Subsahara-Afrikas, mit einem besonderen Forschungsschwerpunkt auf den europäisch-außereuropäischen Beziehungen, Übersetzungs- und Wissenstransferprozessen und der Kolonialgeschichte. Darüber hinaus hat er sich als Schriftsteller international einen Namen gemacht. Sein zweiter Roman Frère d’âme (dt.: Nachts ist unser Blut schwarz), der in mehrere Sprachen übersetzt worden ist, hat zahlreiche Preise gewonnen, darunter den International Booker Price 2021 und den Prix Goncourt des Lycéens 2018.
Ebenfalls im Rahmen des DFG Forschungsprojektes, findet die internationale Tagung "Nouveaux savoirs du monde/Savoirs du Nouveau Monde: encyclopédisme, processus de traduction et réorganisations du savoir au siècle des Lumières" [Neue(s) Welt-Wissen: Enzyklopädismus, Übersetzungsprozesse und Wissensneuordnungen im Aufklärungszeitalter] vom 12. bis 14. Oktober 2023 an der Universität Regensburg im Vielberth-Gebäude, H 25 statt. Hier wird David Diop einen weiteren Vortrag zum Thema "Accueillir les savoirs du monde: la langue de l’Autre dans l’Histoire Naturelle de Michel Adanson" halten.
Das Programm kann hier heruntergeladen werden.
Abstract: Repräsentationen außereuropäischer Sprachen in Reiseberichten des 17. und 18. Jahrhunderts
Joseph-Marie de Gérando, ein Pionier der Ethnologie in Frankreich, beklagte im späten 18. Jahrhundert, dass Reisende behaupten, eine außereuropäische Gesellschaft zu kennen, ohne deren Sprache zu beherrschen: Für ihn sind sie alle Betrüger. Es gab durchaus Europäer, die im 17. und 18. Jahrhundert außereuropäische und insbesondere afrikanische Sprachen lernten. Ihre Beweggründe waren vielfältig und hingen von der Tätigkeit der Reisenden, als Missionare, Sklavenhändler oder Gelehrte, ab.
Bei den Missionaren gab es eine Tradition, einheimische Sprachen zu lernen, um das Evangelium zu verbreiten. An ihrer tatsächlichen Beherrschung dieser Sprachen kann man gleichwohl zweifeln: So interpretieren sie beispielsweise oft die Bezeichnung der Götter, die mit den lokalen Religionen verbunden sind, falsch (siehe dazu für Nordamerika Réal Ouellet). Die Glossare und Vokabeltabellen am Ende der Reiseberichte der europäischen Sklavenhändler wiederum konzentrieren sich auf Begriffe aus den Bereichen Handel und politische Organisation.
Ein Reisender wie der Naturforscher Michel Adanson schließlich lernte die Sprache aus wissenschaftlichen Gründen, um mit den afrikanischen Gelehrten direkt über Botanik und Pharmakopöe sprechen zu können. Über diesen pragmatischen Aspekt hinaus behauptet er, dass er in der im Senegal gesprochenen Wolof-Sprache eine Form von Schönheit finde. Diese ästhetische Einschätzung ist umso auffälliger, als die afrikanischen Sprachen in den europäischen Reiseberichten des 17. und 18. Jahrhunderts in der Regel als lexikalisch und syntaktisch rudimentär beurteilt werden.
Der Vortrag (in Französisch mit deutscher Übersetzung) geht den skizzierten Aspekten an Beispielen nach.