Der protestantische Pfarrer Gottlieb Tobias Wilhelm (1758-1811) war kein Naturwissenschaftler im eigentlichen Sinn. Im Zeichen der Aufklärung wollte er auf unterhaltsame und doch gelehrige Weise die Natur für die breite Allgemeinheit erklären und verständlich vermitteln. Seine „Unterhaltungen aus der Naturgeschichte“ sind daher vom Geist einer aufklärerischen Naturtheologie durchdrungen. Er führte keine eigenen Forschungen durch, sondern eignete sich sein Wissen durch intensive Lektüre und den Kontakt zu anderen Wissenschaftlern an. Der Augsburger gehörte mehreren Vereinen wie der „Vaterländischen Gesellschaft der Ärzte und Naturforscher Schwabens“, der „Regensburgischen Botanischen Gesellschaft“, der „Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin“ sowie der „Naturforschenden Gesellschaft Halle“ an.
Als Sohn des Augsburger Kupferstechers und Verlegers Christian Wilhelm (Inhaber der Engelbrechtschen Kunsthandlung) lernte er früh die Qualität des Kupferstichs als naturnahe und detailreiche Abbildungsmöglichkeit zu schätzen. Für seine „Unterhaltungen aus der Naturgeschichte“ verpflichtete er namhafte Augsburger Kupferstecher wie den Schmetterlingsforscher Jacob Hübner und Christian Friedrich Freyer. Die Darstellungen in den „Unterhaltungen aus der Naturgeschichte“ läuteten das Ende der Augsburger Kupferstechertradition ein.
Neben den „Unterhaltungen aus der Naturgeschichte“ (1792-1812 in 25 Bänden) veröffentlichte Wilhelm ein Kräuterbuch „Beschreibung, Anwendung und Abbildung der vorzüglichsten, gegenwärtig und gebräuchlichen Arzneypflanzen“ (Augsburg 1813, in zwey Bänden) sowie Predigten, erbauliche Literatur und zahlreiche Beiträge für Zeitschriften und Almanache, die zum Teil anonym erschienen.
In leichtem Plauderton erklärt Wilhelm seinen Lesern, wie eine „Amaryllis“ erfolgreich im Wohnzimmer zur Weihnachtszeit zu kultivieren sein. Nur nach einer strengen Ruhepause könne sie zur Blüte kommen. Wichtig seien ein durchlässiges Pflanzmaterial und vor allem Wärme, damit man ihr „keinen Kummer und kein Heimweh ansehen“ (Seite 217) könne. In diesem Zusammenhang erwähnt er die natürlichen Standortbedingungen, die Arten der vermeintlichen Amaryllis sowie die Namensgebung durch Linné, die er angesichts der Schönheit für gerechtfertigt hält.