Der Botaniker und Apotheker Johann Wilhelm Weinmann (1683-1741) stammt ursprünglich aus Gardelegen, Sachsen-Anhalt. Nach dem Abschluss seiner Ausbildung arbeitete er wahrscheinlich ab 1710 als Apothekersgehilfe in der Regensburger Elefanten-Apotheke. Bereits zwei Jahre später erwarb er die Apotheke „Zum schwarzen Mohren“. Erste Zeugnisse für eine „Apotheke am Markt“ finden sich bereits 1513. Die Geschichte der Offizin lässt sich jedoch erst ab 1517 nahezu lückenlos aus Archivalien rekonstruieren. Der Symbolname „Zum schwarzen Mohren“ wird erstmals in einem Bürgerbuch 1649 aufgeführt. Durch häufigen Besitzerwechsel und zahlreiche Beanstandungen hatte zu Anfang des 18. Jahrhunderts die Apotheke ihren guten Ruf eingebüßt. Erst nachdem Johann Wilhelm Weinmann am 13. Mai 1712 die „ehemalig totaliter ruinierte … offizin“ erworben hatte, erlangte die Apotheke überregionales Ansehen.
Johann Wilhelm Weinmann
Die Mohren-Apotheke zählte neben der Engel-, Löwen-, Adler- und Elefanten-Apotheke zu den fünf reichstädtischen Apotheken Regensburgs.
Die Mohren-Apotheke wurde als einzige der reichstädtischen Apotheken verlegt. 1864 zog die Offizin vom Kohlenmarkt auf den Kornmarkt. Leider hat sich das ursprüngliche Gebäude nicht erhalten, so dass allein die umseitige Abbildung aus dem Manuskript Weinmanns uns einen Eindruck von der alten Mohren-Apotheke vermitteln kann. Als Namensgeber ziert ein Mohr eine Waage sowie eine Deckennische. Sinnsprüche und Gemälde sowie ein Alligator schmücken das Deckengewölbe. Die zahlreichen Gefäße in den Regalen tragen zum Teil Buchstaben, die sich zu Wörtern wie „Syrupus“ zusammensetzen lassen. Weinmann selbst sitzt unter dem Springbrunnen und hält sein Werk in Händen. Seinen Hund ließ er neben der Hintertür verewigen.
Mohrenapotheke in Regensburg. Aquarell auf Pergament. In: Weinmann, Johann Wilhelm: Herbae tam Europeae quam Orientis et ex omnibus mundi partibus. Quae usque in hoc temporis punctum a viris eruditis summo studio in lucem sunt prolata, nec non et hae, quae hoc in libro perspiciuntur. Regensburg 1717. Bd. 2. Dauerleihgabe Regensburgische Botanische Gesellschaft. Universitätsbibliothek Regensburg.
Weinmann hatte in den ersten Jahren wirtschaftliche Engpässe zu überstehen, vor allem als ihm zu Pestzeiten das Privileg als Lazarettlieferant von seinen Konkurrenten streitig gemacht wurde. Sein hitziges Temperament und seine Feindschaft zu dem Stadtphysikus Georg Andreas Agricola brachten ihm eine Beschwerde und Geldbuße ein. Weinmann stellte aber alsbald seine Tüchtigkeit als Unternehmer unter Beweis, die nicht zuletzt auf seinen hervorragenden botanischen Kenntnissen beruhte. Neben seinem Geschäft unterhielt er einen eigenen botanischen Garten, der ihm viele Vorlagen für sein Kräuterbuch lieferte. Es ist allerdings auch belegt, dass Weinmann regen Bildertausch mit anderen Botanikern pflegte, um diese Abbildungen für sein Werk kopieren zu lassen. Sogar der Catalogus der Londoner Gärtner aus dem Jahr 1730 scheint über den Kontakt zu Trew Eingang gefunden zu haben. Um Arzneipflanzen genau identifizieren und Verwechslungen ausschließen zu können, ließ er 1717 von seinem ehemaligen Gesellen Georg Ernst Seuffert ein vierbändiges Herbar mit über 9.000 Objekten („Herbae tam Europeae quam Orientis et ex omnibus mundi partibus“) malen, das er selbst mit Anmerkungen versah.
Viscum baccis albis, Guy, Mistel, Vogel-Leim. In: Weinmann, Johann Wilhelm: Phytanthoza-Iconographia, Sive Conspectus Aliquot millium, tam Indigenarum quam Exoticarum, ex quatuor mundi partibus, longa annorum serie indefessoque studio, a Joanne Guilielmo Weinmanno, Dicasterii Ratisbonensis Assessore et Pharmacopola Seniore collectarum Plantarum, Arborum, Fructicum, Florum, Fructuum, Funforum etc. Regensburg 1735-1745. Bd. 4,2 Nr. 1013; Beschreibung Bd. 4,1. S. 506 ff. Dauerleihgabe Regensburgische Botanische Gesellschaft. Universitätsbibliothek Regensburg.
Dieses Manuskript diente als u. a. Vorlage für die achtbändige Druckausgabe der „Phytanthoza Iconographia“ (1735-1745), die auf 1025 Tafeln mehrere Tausend Pflanzen in kolorierten Kupferstichen und mit ausführlichen Kommentaren vorstellte. Seit etwa 1729/1730 hatte Weinmann auf eigene Kosten von mindestens vier Malern (darunter Ehret und N. Asamin) Heilpflanzen aquarellieren lassen, um genauere Vorlagen für sein gedrucktes Herbar liefern zu können.
Die Kupferstiche wurden von dem Augsburger Bartholomäus Seuter und seinen Mitarbeitern Johann Jakob Haid und Johann Elias Ridinger angefertigt. Seuter hatte zuvor einschlägige Erfahrungen in der Porzellanmalerei gesammelt. Das sog. Englische oder Teylersche Druckverfahren wurde bis auf wenige Werke in Deutschland wegen seines Aufwands kaum eingesetzt. Neben dem Sticheln wurden auch Schabtechniken und Ätzverfahren verwendet, um ähnlich einer Radierung eine Feinkörnigkeit neben Linienführung und Schraffierung zu erreichen. Obwohl die Farben partienweise direkt auf die Platte aufgetragen wurden, mussten viele Abbildungen von Hand nachkoloriert und retuschiert werden.
Weinmann gibt an, von rund 150 Autoren Namen und Beschreibungen der Heilpflanzen zusammengetragen zu haben, die als Textband dem Bildband beigestellt wurden.
Die Regensburger Ärzte Johann Georg Nicolaus Dieterichs, sein Sohn Ludwig Michael Dieterichs und Ambrosius Carl Bieler verfassten die wissenschaftlichen Texte. Halbjährlich wurden 50 Tafeln über 10 Jahre hinweg als Lieferungen versandt, so dass das Werk erst vier Jahre nach dem Tod Weinmanns vollendet wurde.
Viscum baccis albis […] Germ.: Mispel, Mistel, Kenster, Affelter. In: Weinmann, Johann Wilhelm: Herbae tam Europeae quam Orientis et ex omnibus mundi partibus. Quae usque in hoc temporis punctum a viris eruditis summo studio in lucem sunt prolata, nec non et hae, quae hoc in libro perspiciuntur. Regensburg 1717. Bd. 3. Nicht gezählt. Dauerleihgabe Regensburgische Botanische Gesellschaft. Universitätsbibliothek Regensburg.
Christoph Jacob Trew bedauerte zwar, dass Weinmann bei der Pflanzenbeschreibung und –identifizierung nicht immer gut beraten worden sei, lobte jedoch überschwenglich die Darstellungskunst und Nützlichkeit eines solch umfangreichen Werkes. Er selbst gab seine von Ehret bebilderten Plantae selectae als Appendix zum Weinmannschen Pflanzenbuch heraus, um Fehler richtig zu stellen. Aus Achtung vor der unbestrittenen Gesamtleistung gab Johannes Gessner 1787 ein ergänzendes Pflanzenverzeichnis nach Linnèscher Nomenklatur heraus. Der Sohn Haids plante zwar eine Neuauflage des Weinmannschen Herbars unter Einarbeitung aller neuen Erkenntnisse und der Pflanzennamen nach Linnè, konnte jedoch sein Vorhaben nicht verwirklichen. Linnè und Brown ehrten Weinmann für sein Unterfangen mit der Gattungsbenennung „Weinmannia“. Die Druckausgabe wurde europaweit vertrieben und ins Holländische übersetzt. Trotz der Mängel setzte das Weinmannsche Herbar solche Maßstäbe, dass das Pflanzenbuch bis in das 20. Jahrhundert immer wieder wissenschaftlich herangezogen wurde.
Die Pflanzendarstellungen der Druckausgabe wurden zudem in der Meißner Porzellanmanufaktur als Vorlage für Blumenmuster verwendet.
1723 veröffentlichte Weinmann außerdem einen alphabetischen Katalog über 2.700 Arzneien, die in dem „Pharmacopolio Ratisponensi ad nigrum Aethiopem“ erhältlich waren.
Eine Virtuelle Ausstellung
der Universitätsbibliothek Regensburg