Spezielle Serien befriedigten den Wissensdurst der Leser: Den größten Erfolg feierte die Reihe Zur Geschichte der Kostüme, die in insgesamt 125 Nummern von 1861 bis 1905 erschien. Wenngleich die Künstler sonst große Freiheiten in der Gestaltung hatten, war das Layout in diesen Fällen vorgegeben. Meist wurde ein Paar in typischer Mode und Tracht ohne Überschneidung dargestellt. Frisur, Schmuck und Kleidung wurden von verschiedenen Künstlern durch das Studium von Grabmälern, Mosaiken, Fresken und Gemälden detailgenau nachempfunden. Meist waren vier Paare auf einer Seite abgedruckt. Die Idee zu dieser Reihe brachte schon drei Jahre zuvor Tony Muttenthaler mit seinen Costümbildern aus verschiedenen Jahrhunderten auf, wobei durch die dichte Anordnung der Figuren die Bekleidung unzureichend erkennbar war.
Tony Muttenthaler: Costümbilder aus verschiedenen Jahrhunderten.
2. Bogen. Nr. 201. 1856/57. (Ausschnitt)
Ferdinand Rothbarth: Zur Geschichte der Costüme.
19. Bogen. 14. Jahrhundert. Nr. 490. 1868/69.
Ebenfalls mit eigener Seriennummer waren die Reihen Die Welt in Bildern in 46 Exemplaren (1859 bis 1895) und Bilder aus dem Alterthume in 24 Ausgaben (1862 bis 1888) von dem Maler Heinrich Leutemann gestaltet. In längsrechteckigen Bildern oder auf ganzen Seiten wurden exotische Länder mit ihrer Fauna, Flora bzw. ihren Menschen oder markante Szenen aus der Antike vorgestellt. Da der Künstler selbst keines der fernen Länder bereist hatte, bezog er sein Wissen aus anderen Abbildungen. Um das Bildmaterial lebendig werden zu lassen, wählte Leutemann dramatische Szenen wie die Eroberung Trojas.
Die didaktisch ausgerichteten Serien wurden gerne als Anschauungsobjekte für Schulzwecke genutzt und gesammelt. Da die Bogen für wenige Pfennige erhältlich waren, konnten sich Kinder auf diese Weise kostengünstig einen Bildatlas zusammenstellen. Der Münchener Lehrer Franz Dennerlein wertete die Münchener Bilderbogen in Hinblick auf ihren pädagogischen Wert aus. Er ordnete sie nach Kategorien wie Märchen und Erzählungen, Geschichte, Geographie, Naturgeschichte, Lieder und Sprüche sowie humoristische Bilder. Didaktisch wertvolle Blätter kennzeichnete er mit einem Sternchen. (Franz Dennerlein: Münchener Bilderbogen als Unterrichtsmaterial. München 1872)
Heinrich Leutemann: Bilder aus dem Alterthume.
24. Bogen. Griechenland. Zeusaltar in Pergamon. 1888.
Zudem wurden Jahresbände zu 24 Bogen gerne als Weihnachtsgeschenk für Kinder unter den Baum gelegt:
Zu beiden Seiten lagen die Geschenke für den Knaben; eine scharfe Lupe für die Käfersammlung, ein paar bunte Münchener Bilderbogen, die nicht fehlen durften, von Schwind und Otto Speckter; […]. (Storm: S. 38.)
Aus dem Briefwechsel Storms mit Otto Speckter, der die Novelle Unter dem Tannenbaum illustriert hatte, ist zu erfahren, dass nicht nur seine literarischen Figuren, sondern auch die eigenen Kinder begeisterte Sammler der Münchener Bogen waren.