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Geschichte des Bilderbogens

Der Erfolg der Münchener Druckgraphik gründet nicht in der Erfindung eines Bilderbogens an sich, sondern in der neuartigen Interpretation des Mediums.

Das Aufkommen des ersten Bilderbogens darf man wohl mit der Verbreitung des Holzschnitts ansetzen, der durch die Montage einzelner Druckstöcke die kostengünstige Vervielfältigung von Wort und Bild erlaubte. Meist hatten die Flugblätter des 16. Jahrhunderts aktuelle Ereignisse, sakrale Motive oder alltägliche Themen wie Liebe, Ehe, Schwänke, Weisheiten und Moritaten zum Inhalt. Um die grobe und schroffe Schnittgraphik optisch gefälliger zu gestalten, konnten die Bilder innerhalb ihrer dicken schwarzen Umrisslinien von Hand koloriert werden. Hierfür wurden wenige, aber grelle Farben verwendet, die mit eiliger Hand aufgetragen wurden. Als Abnehmer dieser schlichten Kunst fanden sich Käufer aus dem bäuerlichen Umfeld oder ungebildete Städter. Obwohl zu dieser Zeit der Holzschnitt seinen künstlerischen Höhepunkt durch die meisterhaften Ausführungen Albrecht Dürers und seines Kreises erlebte, wurde dennoch bis zum Ende des 17. Jahrhunderts die einfache Ausführung der Hochdrucktechnik für Bilderbogen eingesetzt.

Im Barock bezauberte der feinlinige Kupferstich Herrschaften des Adels und des höheren Bürgertums. Dementsprechend richteten sich auch die Druckmotive auf die Interessen des gebildeten Publikums aus: Neben Mode, höfischen Sitten, Landschafts- und Architekturdarstellungen sowie Bilder aus Flora und Fauna ließen sich für die Kinder der zahlungskräftigen Klientel Guckkastenbilder und Papierspiele erwerben. Die Verwendung dieser einseitigen Druckbögen als Ausschneide- und Bastelbogen entsprach auch ihrer sonstigen Verwendung: Als Verbrauchsmaterial dienten sie als billiger Wandschmuck, Schrankpapier oder Schmierpapier.


Scheibenbilder

Ernst Fröhlich: Scheibenbilder. 16. Bogen. 1879/80.


Als sich im 18. und 19. Jahrhundert einhergehend mit sozialen Umschichtungen ein aufstrebendes Bildungsbürgertum etablierte, erlangte der Bilderbogen als günstiges Massenmedium seine Blütezeit. Neben aktuellen Ereignissen befriedigte der Einblattdruck das Bedürfnis, an allen gesellschaftlichen Themen teilzuhaben. Illustrationen wurden zu Opern- und Theaterstücken angefertigt, literarische Werke abgehandelt, Bemerkenswertes des Alltags herausgegriffen und Lehrreiches und Wissenswertes für die Küche oder zur Kindererziehung mitgeteilt. Da das Bürgertum Einblick in die Kultur und Kunst der Salonkreise erhielt, schloss sich die einstige Kluft zwischen Mittel- und Oberschicht.



Theodor Hosemann: Hänsel und Gretel (nach Grimm).

Deutsche Bilderbogen für Jung und Alt.

Nr. 53


Der Begriff Bilderbogen etablierte sich erst in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts in Wien und in den 30er Jahren in München. Meist wurden die einseitigen Drucke als Blätter, Bilder oder Bogen bezeichnet. Die Grenze zu der Gattung Flugblatt in unserem heutigen Verständnis war fließend. Mehr als ein halbes Jahrhundert vor dem Entstehen der bayerischen Blätter feierte bereits der Neuruppiner Bilderbogen aus dem Verlagshaus Kühn seine Erfolge. Um einen weiteren Bilderbogen auf dem Markt zu etablieren, bedurfte es drucktechnischer Innovation sowie einer neuen inhaltlichen Konzeption, um Käuferschichten zu gewinnen.



Ignaz Stölzle: Hänsel und Gretel.

Nr. 31. 1849/50.


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Rutschpartie191

Eine Virtuelle Ausstellung

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