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Nachdem sich zahlreiche Studierende im Hörsaal eingefunden hatten, um die Debatte zu verfolgen, eröffnete Sozialethiker Veith die Runde: Gerade Christen hätten sich in der Politik zu engagieren. Dies gebiete nicht nur das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe, sondern auch der Umstand, dass in der Zusicherung des Reiches Gottes durch Jesus auch der Anspruch stecke, für die Vorbereitung dieses Reiches Gottesin der Welt Verantwortung zu übernehmen. Außerdem sei es die Aufgabe der Christen, wie das Zweite Vatikanum festgestellt habe, die Zeichen der Zeit zu suchen und im Licht des Evangeliums zu deuten. Daher müssten sie sich zu Phänomenen wie der Gleichberechtigung der Geschlechter, der ökologischen Krise oder Digitalisierung verhalten und diese mitgestalten. Kirche in ihrer Gesamtheit sei stets in einem Lernprozess durch das Gespräch mit allen Menschen guten Willens. Sie dürfe daher keine parteipolitischen Präferenzen formulieren, müsse sich jedoch klar zu politischen Themen verorten.
CSU-Politiker Zimmermann stellte heraus, dass in der Kommunalpolitik Religion als Korrektiv auftrete: „Das Christentum gibt mir vernünftige Leitlinien für Entscheidungen und den Umgang mit den Nächsten“, so Zimmermann. Neben genereller Menschenliebe sei in der Kommune die Zuwendung zu den Kindern besonders relevant, da Jesu diese besonders wertgeschätzt habe. „Für mich gibt es kein Spannungsfeld, für mich ist es ein Leitfaden zur Orientierung, den ich brauche“, so der Stadtrat.
Politikwissenschaftler Sebaldt wies auf die institutionelle Komponente des Themas hin: Trotz des Postulats einer klaren Trennung von Staat und Kirche, sehe die Umsetzung oft anders aus. Er stellte klar, dass in Deutschland bis 1918 eine enge Bindung zwischen Staat und Kirche bestand, die in Teilen bis heute fortgelte. Ausgestaltet werde dies im sogenannten Kooperationsmodell zwischen Staat und Kirche.Diese Kooperation werde durch verschiedene Modelle wie Konkordate und finanzielle Regelungen aufrechterhalten. Er argumentierte, dass diese intensive Zusammenarbeit zwar Vorteile habe und zukunftsfähig sei, aber auch rechtliche Asymmetrien geschaffen habe, die dem demokratischen Prinzip widersprächen. Sebaldt diskutierte, was der Staat dem Christentum biete (Rechtliche Anerkennung, Unterstützung bei Gebäuden usw.) und was das Christentum dem Staat biete (klar formulierte ethische Grundsätze, Engagement in Sozialarbeit usw.). Er forderte die Beseitigung rechtlichen Asymmetrien bezüglich anderer Religionen zugunsten derGleichberechtigung.
SPD-Politikerin Stachowitz argumentierte, die Demokratie habe an sich keinen Wert, sondern sei auszugestalten, was das Christentum schaffe. Das Kooperationsmodell ermögliche dies. Christliche Werte seien als Fundament der Gesellschaft dringend zu erhalten. Jedoch müsse man über gewisse Vorrechte der Religionsgemeinschaften, wie etwa das kirchliche Arbeitsrecht, ernstlich in Diskussion treten.
Die Podiumsteilnehmer kamen anschließend über die Frage ins Gespräch, was diese christlichen Werte überhaupt seien. Sozialethiker Veith gab zu, dass es hier Abwägungsschwierigkeiten gebe. Es brauche Dialogräume, um diese Werte im Lichte der heutigen Zeit durchzubuchstabieren.
Hier widersprach Zimmermann: Freilich brauche es Dialog, jedoch sei nötig, festzustellen, was nicht mehr verhandelbar sei: „Ich muss wissen, wo ich stehe und was sich für Leitlinien ergeben, damit ich in Dialog mit anderen treten kann“, so der CSU-Politiker. „Nur so kann ich auf andere zugehen, ohne mich selbst zu verlieren“, sagte er weiter.
Solche Grundlagen könnten die Werte der christlichen Soziallehre – also Personalität, Solidarität, Subsidiarität und Nachhaltigkeit – sein, bot Veith an. Jedoch habe die Kirche hier kein Monopol, aber sie könne Angebote machen.
Auf die Frage, wie Christen zu diesem Deutungsangebot beitragen könnten, auch wenn sie nicht in die Politik gingen, antwortete Stachowitz, die Kirche mache keine Politik, werde aber politisch im Grundsatz. „Wir sind Lobbyistin in feinster Weise“, stellte die SPD-Politikerin heraus.
Eine Gleichberechtigung der Religionsgemeinschaften in dem Sinne, dass alle Religionen den selben privatrechtlichen Status erhalten sollten, wie von Politikwissenschaftler Sebaldtvorgeschlagen, fanden die Teilnehmer wenigstens diskutabel. Stadtrat Zimmermann erinnerte an die extrem komplexe Struktur der vielfältigen Kirchenstiftungen, die alle juristische Personen öffentlichen Rechts seien. Diese aufzulösen und in privatrechtliche Körperschaften umzuwandeln, sei ein gigantischer Aufwand. Auch Stachowitz war nicht dafür, vom Kooperationsmodell abzuweichen. Der Blick nach Amerika zeige, welche Auswirkung Kirchen, die sich nicht demokratisch und rechtstaatlich verorten müssten, haben könnten. „Ich glaube, es tut der Gesellschaft gut“, sagte sie bezüglich des Kooperationsmodells.
Moderatorin Hartmann rundete die Podiumsdiskussion ab: Die Debatte zeige eindrücklich, dass das Spannungsfeld zwischen Christentum und Politik nicht nur vielschichtig, sondern auch äußerst relevant für das Verständnis unserer Gesellschaft seiund bleibe.