veranstaltet von akku e.V-Autismus Kunst und Kultur, Lehrstuhl für Medienwissenschaft Universität Regensburg und Stadtbücherei Regensburg
Samstag, 21. Mai 2022, 16-20 Uhr
Leitung & Organisation: Dr. Herbert Schwaab
Veranstaltungsort: Thon-Dittmer Palais, Regensburg
Teilnahme: kostenlos; Anmeldung per E-Mail an veranstaltungen.stadtbuecherei@regensburg.de
Ausstellung zum Symposium: „Alles fliegt, zu Fliegepreisen…“ - Lesen, Schreiben und Erzählen. Thon-Dittmer Palais Regensburg 17.5. bis 20.6.2022
Autismus ist von einem wenig erforschten und greifbaren Syndrom nicht nur zu einem breiten Spektrum sehr diverser Formen der Beeinträchtigungen geworden, sondern beschäftigt auch auf immer intensiver werdende Weise die Kultur, z.B. in Fernsehserien über Menschen aus dem Autismus-Spektrum. Kunst ist dabei nur eines von vielen Mitteln (oder Medien), die als Teil einer ‚Autismuskultur‘ betrachtet werden können, welche es über die konkreten Anforderungen und Probleme im Umgang mit Autismus gibt. Damit entsteht eine Sphäre, die Begegnungen mit Autismus ebenso wie problematische Vorstellungen davon produziert.
Dieses Symposium wird sich im Anschluss an die Ausstellung im Thon-Dittmer Palais mit der Rolle der Medien im Zusammenhang mit Autismus und ‚Autismuskultur‘ beschäftigen. Dabei geht es zum einen darum, wie die mediale Funktion von Kunst genutzt wird, um Vermittlungsleistungen anzubieten und was das für die Konzeption von Ausstellungen mit Künstler*innen aus dem Autismus-Spektrum bedeutet (Katharina Dietz, Menia). Diese Betrachtung soll erweitert werden durch eine Perspektive, die mit den Begriffen und Ansätzen der Medienästhetik auf diese Kunst reagiert und deren Auseinandersetzung mit Medien einordnet (Christiane Heibach).
Ein weiteres zentrales Thema des Symposiums ist die Beschäftigung mit der Mediengeschichte des Autismus. Dabei soll untersucht werden, wie Medien an der Konstruktion von Vorstellungen beteiligt waren, die oft auch Konsequenzen für den Umgang mit Autismus hatten (Herbert Schwaab). Medien sind nicht nur als Rahmen für Repräsentationen von Autismus interessant, sondern auch als Mittel, die auf unterschiedliche Weisen angewandt werden, um Defizite der Kommunikation auszugleichen oder ‚andere‘ Bilder und Vorstellung von Autismus als Korrektur zu stereotypen Darstellungen zu liefern.. Eine wichtige Rolle spielen auch Medientechnologien, die immer wieder unter anderem als Mittel der Therapie von Autismus genutzt wurden. Das mit der Ausdifferenzierung von Medientechnologien sich auch die Anwendungen vervielfältigt haben und ein Interesse der Anbietenden besteht, mit Autismus diese Technologien als Therapiemittel zu bewerben ist ein weiterer Aspekt, der hier behandelt wird (Daniela Wentz). Was Medien für die Künstler*innen selbst bedeutet soll durch die Künstlerinnen Menia und Christine Denck vermittelt werden, deren auf der Ausstellung und auf dem Symposium präsentierte Werke als über Aspekte wie Religion reflektierende Kunst oder als Medienkunst und als luzide Reflexion von Sozialen Netzwerken und Mechanismen der Selbstdarstellung begriffen werden können.
Das Symposium versteht sich explizit als Versuch, eine Schnittstelle zwischen der Ausstellung und der Medienwissenschaft, vertreten durch den Lehrstuhl in Regensburg, zu schaffen, sich aber auch an ein Publikum zu richten, das auf unterschiedliche Weisen mit Autismus zu tun hat oder mehr darüber erfahren will. Daher ist geplant, nicht nur mit kurzen Vorträgen in die hier genannten Themen einzuführen, sondern auch in einem anschließenden Roundtable die Diskussion der Positionen mit dem Publikum zu suchen.
Beitragende
Katharina Dietz, Vorstand von akku e. V. – Autismus, Kunst und Kultur
Christine Denck, Künstlerin, Berlin
Prof. Christiane Heibach, Lehrstuhl für Medienwissenschaft, Universität Regensburg
Menia, Künstlerin aus Mönchengladbach
Dr. Herbert Schwaab, Universität Regenburg
Dr. Daniela Wentz, Ruhr Universität Bochum
Zu den Beitragenden
Prof. Dr. Christiane Heibach lehrt und forscht an der Universität Regensburg unter anderem zu Medien der Unmittelbarkeit und zur Medienästhetik und einer Verbindung der Positionen von Kunst und Medienwissenschaft.
Katharina Dietz, diplomierte Kulturarbeiterin, ist seit zwei Jahren Vorsitzende von akku e.V. – Autismus, Kunst und Kultur und war für den Verein seit 2010 an vielen Ausstellungsprojekten beteiligt, bei denen Kunst von Menschen aus dem Spektrum gezeigt wurde. Arbeitet derzeit an einer Abschlussarbeit zu Autismus und der Möglichkeit des Aufbaus einer Produzentengalerie, die Künstler*innen aus dem Spektrum die Möglichkeit bietet, von der Kunst finanziell zu profitieren.
Dr. Daniela Wentz lehrt und forscht an der Ruhr-Universität Bochum. Neben Arbeiten vor allem zur Theorie, Geschichte und Ästhetik digitaler (Bild)kulturen und nach ihrer Promotion mit einer Arbeit zum diagrammatischen Bild (2017 erschienen), arbeitet sie nun an einem Buch zum Verhältnis von Autismus und Medien.
Christine Denk ist eine Künstlerin aus Berlin, deren Medienkunst mit dem Alter Ego Alphonsin Terego operiert ucnd sich mit deren Präsenz auf sozialen Netzwerken wie Instagram mit den Mechanismen und Motiven der Identitätskonstruktionen in den neuen Medien auseinandersetzt.
Dr. Herbert Schwaab lehrt und forscht am Lehrstuhl für Medienwissenschaft an der Uni Regensburg unter anderem zu Fernsehen, Populärkultur, Anime, Populismus und der Medialität des Fahrrads. Im Vorstand von akku e.V. engagiert arbeitet er auch an einem Forschungsprojekt zu Autismus-Repräsentationen und ihrer Geschichte, die sich auf die über 50 Jahre gesammelte Autismusliteratur in seiner Familie zurückbezieht.
Menia ist eine Künstlerin aus Mönchengladbach, die sich seit 2009 an zahlreichen Ausstellung vona akku beteiligt und im Verein engagiert hat. Seit 2021 ist sie im Vorstand von akku e.V. aktiv.
Samstag, 21. Mai 2022, 16-20 Uhr
Programm
16 Uhr
Begrüßung durch Dr. Herbert Schwaab und Katharina Dietz
16.30 Uhr
Einführung in eine kleine Mediengeschichte der Repräsentation von Autismus;
Dr. Herbert Schwaab, Universität Regensburg
17 Uhr
Die Kunst von Menschen im Autismus-Spektrum Ausstellen. Bemerkungen zur Arbeit von akku e.V.;
Menia, Mönchenglattbach und Katharina Dietz, Berlin
17.30 Uhr
Medien-ästhetische Betrachtungen zur Ausstellung „Alles fliegt, zu Fliegepreisen“;
Prof. Dr. Christiane Heibach, Universität Regensburg
18 Uhr
Pause
18.30 Uhr
Zum Diskurs der Autismus-Medien. Der Gebrauch von Medientechnologien im Autismus-Spektrum;
Dr. Daniela Wentz, Leuphana Universität Lüneburg
19.15 Uhr
Screening von Videokunst von Christine Denck
19.30 Uhr
Roundtable mit Katharina Dietz, Christiane Heibach, Daniela Wentz, Herbert Schwaab und der Künstlerin Christine Denck
20 Uhr
Get together
„Alles fliegt, zu Fliegepreisen…“ - Lesen, Schreiben und Erzählen
Ausstellung Thon-Dittmer Palais, Regensburg 17.5. bis 20.6.2022
Veranstaltet von Stadtbücherei am Haidplatz, akku e.V. – Autismus, Kunst und Kultur und Lehrstuhl für Medienwissenschaft, Universität Regensburg
Künstler:innen: Deniz Aras, Felix Beilstein, Adolf Beutler, Christine Denck, Menia, Patrick Ott, Andrea Rausch, Marina Sonnenberg, Stefan Wepil
„Alles fliegt, zu Fliegepreisen, und ohne Flugzeug!“ Dieser Slogan findet sich in einem der Werke von Andrea Rausch, die in ihren Gemälden eine eigene Mythologie entwickelt hat, die um Motive der Bewegung und Energie mit Elementen wie Lava, Plutonium, Sonne oder Licht kreist. Sie integriert Wörter und Sätze in ihre Kunstwerke und operiert zum Teil in einer eigenen Schrift und Sprache, die in Dubletten der Kunstwerke in unsere Sprache übersetzt werden. Dass die Kunst von Menschen aus dem autistischen Spektrum etwas zu erzählen oder mitzuteilen hat, bietet die Möglichkeit, die Kunst in einen Dialog mit dem Ort der Bibliothek, der Stadtbücherei Regensburg, zu versetzen und sich auf Werke zu konzentrieren, denen es um mehr geht, als (Wahrnehmungen) zu teilen und mitzuteilen, sondern die „erzählen, schreiben und lesen“. Sie erzählen, weil sie ähnlich wie das Buch Zusammenhänge herstellen und Narrative entwickeln, die sich systemisch oder seriell über mehrere Kunstwerke erstrecken (Menia, Deniz Aras, Marina Sonnenberg). Sie lesen, weil sie zum Beispiel Bücher rezipieren und in Reaktion auf sie intertextuelle Bezüge herausstellen, andere Werke kommentieren und sich damit in der Welt verorten oder sich konkret mit den Mechanismen der Repräsentation in sozialen Medien beschäftigen (Stefan Wepil, Felix Beilstein, Christine Denck). Sie operieren buchstäblich im Modus von Schrift und Zeichen und verweisen damit auf die Voraussetzung des Erzählens und damit zusammenhängender Kulturtechniken (Adolf Beutler, Andrea Rausch, Patrick Ott).