Seit 2015 betreibt der Lehrstuhl an der Fakultät eine Law Clinic für Flüchtlinge. Die Refugee Law Clinic bietet studentische Rechtsberatung. Ihr Tätigkeitsbereich erstreckt sich auf das Asyl- und Ausländerrecht sowie die damit verbundenen Sozialrechtsgebiete. Im Folgenden finden Sie als an der Mitarbeit interessierte Studierende Informationen dazu, (1) was Sie von der law clinic erwarten können, (2)
was wir als Betreuer von Ihnen erwarten und (3) wie sich die Mitarbeit gestaltet.
a) Die Praxis kennenlernen
Praktische juristische Arbeit unterscheidet sich erheblich von universitären Lerninhalten – das ist bei allen Studiengängen so und die Rechtswissenschaften bilden keine Ausnahme. Umso wichtiger ist es, möglichst früh erste Erfahrungen in der Rechtsanwendung zu sammeln. Das ermöglicht Ihnen die law clinic: Sie erhalten keinen Klausursachverhalt, sondern erarbeiten sich die rechtlich zu beurteilende Situation selbst. Dazu sprechen Sie mit Ihren Klienten, recherchieren zur Situation in den einzelnen Herkunftsländern, holen Rat bei medizinischen Sachverständigen und vieles mehr. Solche Arbeit am Sachverhalt stellt einen wichtigen – mitunter sogar den wichtigsten – Aspekt praktischer juristischer Tätigkeit dar. In der law clinic erlernen Sie die Bedeutung von rechtlicher Theorie, tatsächlicher Grundlage und Beweisbarkeit.
b) Teamarbeit
Die juristische Ausbildung ist – abseits selbstgewählter Lerngruppen – Einzelgängerarbeit. Das widerspricht vielen juristischen Berufsbildern, in denen Sie regelmäßig mit anderen Juristen und Juristinnen gemeinsam an einem Fall arbeiten. Solche Teamarbeit zu koordinieren, Dispute im Team zu lösen und gemeinsam die für den Klienten bestmögliche Lösung zu finden, will gelernt sein – die law clinic bietet dafür ein ideales Umfeld und ein Maß an Gestaltungsfreiheit, wie Sie es in Ihrer juristischen Karriere wohl noch nie hatten.
c) Verantwortung übernehmen
Es ist Ihr Fall. Es ist Ihre Klientin. Sie entscheiden, wie Sie den Fall bearbeiten und welche Wege Sie gehen. Sie werden in der law clinic zu Experten Ihres Falles, sowohl in tatsächlichen als auch rechtlichen Fragen. Sie lernen, Autorität auszustrahlen. Das alles passiert jedoch niemals ohne Sicherheitsnetz. Sie haben jederzeit die Möglichkeit, Rücksprache mit den Ihnen individuell zugewiesenen Betreuerinnen und Betreuern zu halten. Wir sind gerne bereit, jede Frage mit Ihnen zu erörtern oder Schriftsatzentwürfe gegenzulesen. Von selbst einschreiten werden wir jedoch nur in Ausnahmefällen, denn: Es ist Ihr Fall.
d) Eine Ausbildung im Migrationsrecht
Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Sie übernehmen schon nach einer kurzen Einführung ins Migrationsrecht einen Fall und lernen die materiellen und prozessualen Grundlagen „on the job“. Wichtigstes Instrument ist Ihre eigene Recherche. Die kommt nicht nur Ihren Klienten zugute, sondern auch Ihnen selbst. Sie tauschen sich über migrationsrechtliche Fragestellungen jederzeit mit anderen Beraterinnen Ihres Teams aus und besprechen sich wöchentlich mit anderen clinic-Kollegen bei allgemeinen Teammeetings. Zusätzlich bietet Ihnen die clinic die Möglichkeit, workshops zu besuchen, in denen Ihnen Rechtsanwälte praxisorientiert einzelne migrationsrechtliche Gebiete nahebringen. Im Mittelpunkt steht jederzeit nicht die abstrakte Wissensvermittlung, sondern Ihr Fall.
e) Fremde Kulturen kennenlernen
Ihre Klienten stammen aus Eritrea, Afghanistan, Kosovo, Iran, Senegal, Somalia, Albanien, Syrien, Ukraine, Irak, Mazedonien und Nigeria. Jede und jeder hat eine individuelle Geschichte, die es zu erzählen gilt. In der law clinic lernen Sie, mit Menschen mit den verschiedensten Hintergründen zusammenzuarbeiten und kulturelle wie sprachliche Hürden zu überwinden.
f) Einen gesellschaftlichen Beitrag leisten
Nicht zuletzt nutzen Sie Ihre juristischen Fähigkeiten, Menschen zu helfen, denen der Zugang zu unserem Rechtssystem massiv erschwert ist. Sie bieten Asylbewerberinnen Orientierung in einem Umfeld, in dem sich sonst nur allzu oft alleingelassen fühlen. Die law clinic bietet Ihnen die Möglichkeit, mit Ihrem Erlernten einen echten Unterschied zu machen.
a) Commitment
Wenn Sie einen Fall übernehmen und einen Klienten betreuen, sind Sie in der Verantwortung. Selbst Entscheidungen zu treffen, Fälle selbst zu gewinnen und der erste Ansprechpartner für Ihre Klienten zu sein, ist sehr erfüllend. Es bedeutet aber auch, dass Sie mitunter eigene, insbesondere zeitliche Interessen zurückstellen müssen. Der Arbeitsumfang hängt vom jeweiligen Fall ab, erfahrungsgemäß sind drei Wochen zu je etwa fünf Stunden ein guter Richtwert. Wir versuchen, Ihnen dabei den größten Druck zu nehmen. Das heißt, law clinic Fälle sind nicht eilig. Sie sind niemals verpflichtet, Fälle zu bearbeiten, und in Ausnahmefällen besteht auch die Möglichkeit, einen Fall wieder abzugeben. Aber letztlich zählen sowohl Ihre Klienten als auch Ihre Kolleginnen auf Sie.
b) Eigenständigkeit
Es ist Ihr Fall. Die Rolle der Betreuer ist nicht die einer Vorgesetzten mit Arbeitsanweisungen, sondern eines Beraters im Hintergrund. Wir sind jederzeit ansprechbar und geben Hinweise z.B. zu Recherchefragen, zum Umgang mit Klienten, Kontaktpersonen oder Behördenmitarbeiterinnen, zu Weichenstellungen und strategischen Erwägungen, oder zu rechtlichen Problemen. Wir sind auch zur Stelle, wenn es im Team Konflikte gibt. Je länger Sie aber an einem Fall arbeiten, umso mehr werden Sie zu Experten für die aufkommenden tatsächlichen und rechtlichen Fragen. Zu deren Lösung sind daher auch Sie berufen. Ihre Betreuer begleiten Ihren Fall zwar jederzeit und stellen sicher, dass es zu keinen größeren Fehlentwicklungen kommt. Aktiv einschreiten werden sie jedoch nur in Ausnahmefällen. Scheuen Sie sich auch nicht, vorab die Grundlagen der Zusammenarbeit mit Ihrer Betreuerin festzulegen.
c) Frustrationstoleranz
Manche Fälle sind schwer zu gewinnen, man muss es aber trotzdem versuchen. Gewöhnen Sie sich nicht an Niederlagen, aber sehen Sie sie als Zwischen- und nicht als Rückschritte. Manche Klienten sind schwierig im Umgang, weil sie z.B. auf Nachfragen nur zögerlich bzw. gar nicht reagieren oder Termine platzen lassen. Lassen Sie sich dadurch nicht entmutigen, sondern reagieren Sie professionell. Das bedeutet insbesondere auch, nicht alles hinzunehmen und ggf. den Fall nach entsprechenden Hinweisen niederzulegen. Ihre Betreuer stehen Ihnen in solchen Situationen selbstverständlich mit Rat zur Seite.
d) Präsenz
Bringen Sie sich ein. Die law clinic hat ein eigenes Büro, das als steter Arbeitsplatz und Treffpunkt dient. Ob Sie über rechtliche Probleme sprechen wollen oder einfach einen Kaffee trinken – dort finden Sie Kolleginnen und Kollegen. Entwickeln Sie aus der clinic ein eingeschworenes Team. Dazu gehört auch, bei den wöchentlichen Fallbesprechungen anwesend zu sein. Zeigen Sie Interesse an der Arbeit Ihrer Kollegen und helfen Sie ggf. mit Ratschlägen aus. Sehen Sie die law clinic als public interest Kanzlei. Würden Sie als Rechtsanwalt ein Teammeeting verpassen?
Wenn Sie sich für eine Mitarbeit in der law clinic entscheiden, werden Sie zunächst Mitglied im Legal Leverage Platform e.V. Das geht automatisch und ist mit keinen Verpflichtungen verbunden. Der Verein betreibt die law clinic und haftet im Fall von Beratungsfehlern. Sie persönlich tragen so keinerlei Risiko.
a) Fallzuteilung
Anschließend werden Sie in einen E-Mail-Verteiler aufgenommen. Ein- bis zweimal wöchentlich (in der Regel montags und/oder mittwochs) erhalten Sie eine E-Mail mit offenen Fallanfragen. Dort werden die in der clinic eingegangenen Fälle kurz beschrieben. Wenn Sie sich für die Bearbeitung eines Falles interessieren, melden Sie das unter Angabe des betreffenden Falles der clinic-Organisation. Sofern Sie bereits eine Kollegin haben, mit der oder dem Sie zusammenarbeiten wollen, teilen Sie auch das gleich mit. Ansonsten bekommen Sie einen Partner zugeteilt. Sie bearbeiten niemals Fälle alleine.
b) Die Betreuung
Gleichzeitig mit dem Fall bekommen Sie eine Betreuerin aus dem universitären Mittelbau, also Diplom- oder Volljuristen zugeteilt. Die Betreuer begleiten Ihren Fall, stehen für Rücksprache zur Verfügung und stellen sicher, dass nichts Entscheidendes schiefgeht. Zu diesem Zeitpunkt können Sie sich auch bereits mit Ihrem Betreuer abstimmen, wie eng Sie die Betreuung gestalten wollen.
c) Ein erstes Treffen
Als ersten Schritt organisieren Sie als Team ein Treffen mit Ihrer Klientin. Der persönliche Kontakt ist von entscheidender Bedeutung. Nur wenn Sie sich gut kennen, können Sie fruchtbar zusammenarbeiten. In diesem ersten Gespräch eruieren Sie die Problemstellung: Worum geht es dem Klienten? Außerdem legen Sie für Ihren Fall eine digitale Akte an und tauschen Kontaktdaten aus. Mitunter kann es auch sinnvoll sein, den Kontakt über Dritte, z.B. Mitglieder eines Helferkreises zu halten. Versuchen Sie bereits jetzt abzuschätzen, wie lange die Recherche etwa dauern wird und wann Sie sich mit Ihrer Klientin weder treffen. Geben Sie Ihren Klienten von Anfang an das Gefühl, dass ihr Fall in guten Händen ist.
d) Die Recherche
Anschließend widmen Sie sich der Recherche. Die law clinic nimmt nur solche Fälle an, die nicht eilig sind und bei denen Sie ausreichend Zeit für tatsächliche wie rechtliche Nachforschungen und Rückfragen haben. Verteilen Sie einzelne Aufgaben auf die Teammitglieder, z.B. Aufbereiten der Situation im Herkunftsland, Auswerten von Unterlagen oder Nachschlagen der einschlägigen rechtlichen Grundlagen. Zu jeder Zeit können Sie sich in dieser Phase an Ihre Betreuer wenden, wenn Sie z.B. Hilfe bzgl. einzelner Problemstellungen benötigen oder sich ob der richtigen Strategie unsicher sind. Besprechen Sie das weitere Vorgehen mit Ihren Klienten. Jetzt kann es auch angezeigt sein, bei Behörden anzurufen und so mehr Informationen einzuholen oder Missverständnisse auszuräumen. Wenn Sie Schreiben an Dritte verfassen, legen Sie diese zunächst im Entwurf Ihren Betreuern vor. So erhalten Sie lehrreiches Feedback und werden vor folgenreichen Fehlern bewahrt. Sollten Sie ausnahmsweise das Gefühl haben, dass ein Anwalt eingeschaltet werden muss, besprechen Sie auch das mit Ihren Betreuern. Die clinic kooperiert mit mehreren Asylrechtsanwälten und verfügt so über beste Kontakte.
Ihre Arbeit organisieren und dokumentieren Sie über unsere Fallverwaltungssoftware redmine. Dort können Sie auch auf die Einträge zu anderen Fällen zugreifen und von den einschlägigen Erfahrungen Ihrer Kolleginnen profitieren.
e) Der Fallabschluss
Wie Sie einen Fall abschließen, hängt von der jeweiligen Gestaltung ab. Manchmal genügt ein Schreiben oder Telefonanruf, manchmal warten Sie erst einmal auf eine Reaktion der Behörde und ausnahmsweise ist es angezeigt, den Fall einem Rechtsanwalt zur weiteren Bearbeitung zu übergeben. In jedem Fall sollten Sie sich nach getaner Arbeit noch einmal im Team zusammensetzen, um zu besprechen, was gut und was weniger gut gelaufen ist. So entwickeln Sie nicht nur sich selbst, sondern auch die clinic weiter.
Wir zertifizieren sehr gerne die Teilnahme an der RLC Regensburg als Nachweis praktischer Tätigkeit schon während des Studiums.
Dabei gibt es drei Varianten:
Das Zertifikat/Bestätigung über ehrenamtliche Tätigkeit listet alle in der RLC Regensburg geleisteten Tätigkeiten auf, also z.B. bearbeitete Fälle, Anwesenheit in Teammeetings und präsentierte Fälle sowie besuchte Workshops. Ausführliche Zertifikate werden nur nach vorherigem Gespräch ausgestellt, in übrigen Fällen können ggf. einfache Teilnahmebestätigungen ausgestellt werden. Studierende melden sich hierzu bitte bei Elisabeth Rauh (elisabeth.rauh@ur.de).
Bei Erfüllen der Mindestvoraussetzungen bescheinigen wir zusätzlich den Erwerb der Schlüsselqualifikation nach § 28 der Studien- und Prüfungsordnung der Juristischen Fakultät. Die Mindestvoraussetzungen hierfür sind: Mitarbeit an zwei Fällen, Besuch von zwei Workshops und sechs Teammeetings sowie Präsentation eines Falles in einem Teammeeting. Studierende, die ein solches Zertifikat wünschen, melden sich bitte unter lehrstuhl.graser@ur.de.
Bei Erfüllen der Mindestvoraussetzungen bescheinigen wir zusätzlich die Verlängerung des Freischusses nach § 37 Abs. 2 S. 1 Nr. 3b) JAPO. Hierfür muss studienbegleitend eine Tätigkeit von mindestens sechszehn Semesterwochenstunden nachgewiesen werden können. Dies kann durch den Besuch von Schulungen und der aktiven Mandatsbetreuung erreicht werden, wobei dies an feste Kriterien gekoppelt ist. Studierende, die durch ihre Tätigkeit in der RLC Regensburg eine Freischussverlängerung beantragen wollen, melden sich bitte an Elisabeth Rauh (elisabeth.rauh@ur.de). Eine rückwirkende Anerkennung ist nicht möglich.
Ausbildungsveranstaltungen:
Einführungsveranstaltung für Interessierte
Die Veranstaltung richtet sich an interessierte Studierende der Universität Regensburg und OTH. Es besteht die Möglichkeit, sich über Tätigkeiten und Veranstaltungen der RLC Regensburg zu informieren.
Die Einführungsveranstaltung findet am Dienstag, den 4.11.2024 um 18 Uhr in H26 statt.
Law&Team Tag
Mitglieder erhalten Informationen zu den Grundlagen des Asyl- und Migrationsrechts sowie der Fallarbeit. Die Veranstaltung richtet sich vor allem an Mitglieder, die neu in der RLC sind. Nähere Informationen erhalten Sie nach Anfrage von Elisabeth Rauh (elisabeth.rauh@ur.de).
Der Law & Team Tag findet am Freitag, den 22.11.24 von 9:00 bis 13:00 Uhr statt. Der Raum und das genaue Programm werden noch bekanntgegeben.
Teammeetings
Ab dem kommenden Wintersemester 2024/25 finden die Teammeetings nur noch einmal im Monat in Präsenz statt. Dazwischen werden jeweils nach Bedarf Online Teammeetings per Zoom angeboten.
Die nächsten Treffen finden statt am:
Dienstag, den 22.10.2024 um 18 Uhr in VG 0.04
Mittwoch, den 20.11.2024 um 18 Uhr
Donnerstag, den 12.12.2024 um 18 Uhr
Montag, den 20.01.2024 um 18 Uhr
Auch Nichtmitglieder können jederzeit gerne vorbeischauen, um einen Einblick in die Tätigkeiten der RLC Regensburg zu erhalten.
Ab diesem Semester bitten wir euch, eure Fälle mithilfe einer Checkliste vorzustellen. Schickt diese bitte vor dem Teammeeting an refugeelawclinic@ur.de. So können wir während des Meetings gezielt auf mögliche Fragen eingehen und auch theoretische Exkurse zu relevanten Themen besser vorbereiten.
Die Daten zu den Zoom-Veranstaltungen erhalten Sie nach Anfrage über Elisabeth Rauh (elisabeth.rauh@ur.de) oder über refugeelawclinic@ur.de.
Für Infos zu Änderungen und weiteren Veranstaltungen können Sie gerne unseren Newsletter abonnieren. Schicken Sie dazu bitte eine E-Mail an refugeelawclinic@ur.de.
Zudem stehen Mitarbeiter bei Fragen zum Ablauf einer Beratung oder rund um das Thema Refugee Law Clinic zur Verfügung. Bitte auch hier eine Email an o.a. Adresse senden.
Um zu den Präsentationen und Berichten im Rahmen unserer Vortragsreihe zu gelangen, klicken Sie bitte hier
Raum RW (L) 2.08 Telefon 0941 943-5761
Telefax 0941 943-5771
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