Ort und Gegenstand des Forschungsprojektes ist die Obere Agora der antiken Stadt Ephesos. Das auf einem Sattel zwischen zwei das Stadtgebiet flankierenden Hügeln gelegene Areal ist durch das Österreichische Archäologische Institut zwischen dem Ende der 1950er und der Mitte der 1980er Jahre in größeren Teilbereichen ausgegraben worden. Damals formulierte Deutungsmodelle – die z. B. eine programmatische Prägung der Oberen Agora durch die augusteische Herrschaftsideologie und eine quasi exklusive Nutzung für Zwecke der Administration und des Herrscherkultes (‚Staatsmarkt‘) postulierten – wirken bis heute weiter, obgleich mittlerweile Befunde bekannt sind, die einigen der älteren Grundannahmen widersprechen.
Hier setzt das neue Projekt an: Auf der Grundlage einer kritischen Prüfung des Forschungsstandes, einschließlich bisher unveröffentlichter Dokumentationen der früheren Feldforschungen und eigener gezielter Nachforschungen in Ephesos selbst, soll die bauliche Gestaltung der Oberen Agora neu gezeichnet werden. Dabei konzentriert sich das Projekt auf die Periode des Umbruchs zwischen dem Hellenismus und der frühen Kaiserzeit, in der durch monumentale Bauten das Bild der Oberen Agora entscheidend geprägt wurde. Wie sich das Gelände vor Einsetzen dieses Prozesses darstellte, wie es Schritt um Schritt verändert wurde, welche Interessen die Umgestaltung leiteten und welchen Einfluss zentrale Planungsinstanzen darauf möglicherweise nahmen, soll durch detaillierte Untersuchungen zur relativen und absoluten Chronologie, zum Wandel und zur Nutzung der einzelnen Bauwerke herausgearbeitet werden.
Das Projekt wird in enger Kooperation mit der Historischen Bauforschung an der OTH Regensburg (Prof. Dr. Thekla Schulz-Brize) und dem Österreichischen Archäologischen Institut in Wien durchgeführt, das in Person von PD Dr. Sabine Ladstätter auch die Grabungen in Ephesos leitet.
Am 19. September endete nach achtwöchiger Feldarbeit die diesjährige Grabungskampagne des Ephesos-Projekts des Instituts für Klassische Archäologie der Universität Regensburg.
Gegenstand der Grabung war eine Fläche von etwa 150 m2 an der Südseite der Oberen Agora, des sog. Staatsmarktes von Ephesos. Dieser ‚Staatsmarkt‘ war ein öffentlicher, von Bauten politischer und religiöser Funktion geprägter Platz an prominenter Stelle in der antiken Stadt. Geschichte und Funktionen der Platzanlage zu erforschen ist das Ziel eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts, an dem die Regensburger Archäologen seit 2014 zusammen mit Kolleginnen und Kollegen der an der OTH Regensburg angesiedelten Historischen Bauforschung arbeiten – in enger Kooperation mit dem Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI), das über nunmehr 120 Jahre Grabungen in Ephesos durchführt. Von Seiten des Instituts für Klassische Archäologie waren in diesem Sommer Prof. Dr. Dirk Steuernagel, Stefan Langer M.A. und drei wissenschaftliche bzw. studentische Hilfskräfte in Ephesos tätig.
Die Grabung erbrachte starke Anhaltspunkte dafür, dass die Obere Agora – anders als bisher meist angenommen – bereits vor der römischen Kaiserzeit eine repräsentative bauliche Rahmung erhalten hat. Nicht nur an seiner Nordseite wurde der Platz seit dem 2. Jh. v. Chr. von einer langen Säulenhalle begrenzt, einer sog. Stoa. Auch ein über 150 m sich entlang der Südseite erstreckendes Gebäude derselben Art lässt sich nunmehr mit einiger Zuversicht etwa in dieselbe oder eine nur wenig spätere Zeit datieren. Damit gewinnt die Arbeitshypothese an Wahrscheinlichkeit, dass die Obere Agora nicht erst durch ein zielgerichtetes und mit kaiserlicher Autorität um die Zeitenwende implementiertes Bauprogramm urbanistisch aufgewertet wurde. Wenig plausibel erscheint insofern auch, dass politische Loyalität und kultische Verehrung gegenüber dem damals zum Monarchen aufgestiegenen Augustus die Hauptmotive für die Anlage des Platzes bildeten. Letzterer dürfte vielmehr schon zuvor ein wichtiges innerstädtisches Zentrum des antiken Ephesos gewesen sein, dessen möglicherweise vielfältige Funktionen jedoch noch weiter erforscht werden müssen.
Andererseits zeigte die Grabung insbesondere im Bereich hinter einem prunkvollen rückwärtigen Eingang zur Stoa, in Gestalt dort angetroffener Baustrukturen, dass in der Spätantike, etwa seit dem 4. Jh. n. Chr. die Halle und wohl die gesamte Obere Agora nochmals einem umfassenden städtebaulichen Wandel unterlag und das Areal, wenn auch sicher in veränderter Form, bis wenigstens in frühe Mittelalter genutzt worden ist. Unter anderem daraus ergeben sich viele neue Fragen, denen nicht zuletzt in einer für Sommer 2016 geplanten, dritten Feldkampagne nachgegangen werden soll.
Photo: Ephesos: Blick auf das Grabungsareal 2015 von Osten (Photograph: N. Gail, ÖAI)
Im August und September 2016 wurde die nunmehr dritte, auf Grund schwieriger politischer Rahmenbedingungen auf fünf Wochen verkürzte Grabungskampagne des Ephesos-Projekts des Instituts für Klassische Archäologie der Universität Regensburg durchgeführt.
Auch die Grabungen dieses Sommers widmeten sich wieder der Erforschung der Oberen Agora von Ephesos, des sogenannten Staatsmarktes. Dieser war ein öffentlicher, von prächtigen Bauten mit politischer und religiöser Funktion geprägter Platz an prominenter Stelle in der antiken Stadt. Geschichte und Funktionen der Platzanlage zu erforschen ist das Ziel eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts, an dem die Regensburger Archäologen seit 2014 zusammen mit Kolleginnen und Kollegen der Bauforschung an der TU Berlin arbeiten – in enger Kooperation mit dem Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI). Von Seiten des Instituts für Klassische Archäologie waren Prof. Dr. Dirk Steuernagel, Stefan Langer M.A. und drei wissenschaftliche bzw. studentische Hilfskräfte in Ephesos tätig.
Die Grabung konzentrierte sich diesmal auf den Südosten und den Osten des Platzes. Hier wurden verschiedene Sondagen angelegt, um Anhaltspunkte für die Zeitstellung und Baugeschichte einzelner Monumente zu gewinnen und um den Ablauf der baulichen Ausgestaltung der Platzanlage besser zu verstehen. Als eine wichtige Erkenntnis kann gelten, dass die den Platz an seiner Südseite begrenzende, bereits 2014 und 2015 untersuchte Säulenhalle ursprünglich mehrere Meter länger war als bisher bekannt: nicht 154 m, sondern etwas über 160 m. Die nachträgliche Verkürzung der wohl aus dem 2. Jh. v. Chr. stammenden Halle könnte einerseits mit durch Erdbeben und Brand verursachten Schäden zu erklären sein. Andererseits wurde es durch die Verkürzung möglich, von Süden her einen neuen, mit einem Torbau monumental ausgestalteten Zugang zum Gelände der Oberen Agora zu schaffen. Dieser Vorgang, der sich vorläufig und mit aller Vorsicht in die Jahre um Christi Geburt datieren lässt, ist ein Teil von Wandlungsprozessen, die auch an anderen Stellen zu beobachten sind und die eine dynamische Fortentwicklung der räumlichen und funktionalen Struktur der Platzanlage bezeugen.
Weitere Indizien für Veränderungen und Anpassungen der architektonischen Struktur erbrachten Sondagen, die weiter nördlich im Bereich der östlichen Platzgrenze angelegt waren. Hier sind noch mindestens bis ins fortgeschrittene 4. Jh. n. Chr. hinein umfangreichere Baumaßnahmen realisiert worden, die im Resultat eine klare Abriegelung des Platzareals gen Osten bewirkten. Um die einzelnen Entwicklungsschritte chronologisch und in ihren Zielsetzungen besser einordnen zu können, bedarf es noch einer intensiveren Auswertung der diesjährigen Grabungsergebnisse.
Photo: Ephesos: Areal der diesjährigen Grabungsarbeiten im Südosten der Oberen Agora (Photo: Dirk Steuernagel © Universität Regensburg, Institut für Klassische Archäologie)
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