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Mitteilungen der Universität Regensburg

Regensburger Area Studies Preise

Felix Bruckner, Tizian Dick und Miriam Mähner für regionalwissenschaftliche Abschlussarbeiten an der Universität Regensburg ausgezeichnet – Forschungskolloquium mit Dr. Jan Hornát, Karls-Universität Prag


10. Juli 2024

Die Geschichte der bayerisch-böhmischen Grenze ist Gegenstand vielfältiger Dauerausstellungen in Museen der Grenzregion. Felix Bruckner untersuchte in seiner Masterarbeit im Fach Public History und Kulturvermittlung an der Universität Regensburg (UR), wie Regionalmuseen ihre eigene Grenzlage erzählen. Für seine beeindruckende Analyse erhielt er nun bei einer Festveranstaltung am 4. Juli 2024 den Regensburger Area Studies Preis für das Jahr 2023, den ursprünglich das CITAS, nun das Department für Interdisziplinäre und Multiskalare Area Studies (DIMAS), der Universität Regensburg (UR) und der mit ihm eng verbundene Leibniz-WissenschaftsCampus (LWC) seit 2020 jährlich für herausragende regionalwissenschaftliche Abschlussarbeiten vergeben.

Die Masterarbeiten von Tizian Dick (Wirtschaftswissenschaften) und Miriam Mähner (Ost-West-Studien) wurden mit dem zweiten Platz ausgezeichnet. Passend zum Veranstaltungsdatum ging die Preisverleihung in ein Forschungskolloquium mit Blick auf Amerika über: Dr. Jan Hornát, Politikwissenschaftler von der Karls-Universität Prag, sprach darüber, wie kleine Staaten in der US-amerikanischen Außenpolitik eine große Rolle übernehmen.

Dr. Paul Vickers, Geschäftsführer von DIMAS und LWC, stellte die Preisträger*innen vor und überreichte die mit jeweils 400 Euro dotierten Preise an die drei UR-Absolvent*innen. Mit ihnen freuten sich UR-Studierende, Doktorand*innen der Graduiertenschule für Ost- und Südosteuropastudien (GS OSES) und die Arbeiten betreuende Lehrende. Felix Bruckner, zwischenzeitlich wissenschaftlicher Mitarbeiter des Zentrums Erinnerungskultur an der Universität Regensburg (UR), erhielt den ersten Preis: Die Gutachter Professor Dr. Marek Nekula (Center for Czech Studies an der UR) und Professor Dr. Jörg Skriebeleit (Zentrum Erinnerungskultur an der UR) attestierten Bruckners Masterarbeit mit dem Titel „Die Grenze im Museum – Narrative einer von Bayern und Böhmen geteilten Grenzregion“ tiefgehende Analyse und konzeptuelle wie methodologische Stärke.
 
Bei der Verleihung der Area Studies Preise für das Jahr 2023 an der Universität Regensburg (v. r.) Tizian Dick, Prof. Dr. Marek Nekula, Felix Bruckner, Prof. Dr. Jörg Skriebeleit und Prof. Dr. Natali Stegmann. © UR | Fotos: Tanja Wagensohn

Grenze und Grünes Band

In seiner Untersuchung setzte sich Felix Bruckner mit Narrativen der bayerisch-böhmischen Grenzregion auseinander. Bruckner, der sich im Bachelor-Studium mit den deutsch-französischen Beziehungen beschäftigte, ist bei Cham aufgewachsen. Die Grenzregion ist seine Heimat. In sechs kleinen Museen bzw. darin befindlichen Dauerausstellungen in Domažlice, Furth im Wald, Kdyně und Waldmünchen sowie den Naturmuseen in Klenčí pod Čerchovem und Freyung analysierte er, wie die deutsch-tschechische Grenze und Grenzregion gedeutet werden.

Multikulturalität und Natürlichkeit der Grenzregion sind die (Dauer-)Ausstellungen dominierende, miteinander verwobene Narrative, erzählt Felix Bruckner: Oft gehe es um die verbindende, offene und vielfach auch um die naturbezogene Grenze; die trennende Grenze im 20. Jahrhundert und insbesondere die hermetische Grenze des Eisernen Vorhangs wird als „unnatürlich“ und der Region „wesensfremd“ beschrieben und gezeigt. Zugleich aber hat Bruckner auch Lücken gefunden. Die Geschichte der sog. Bayerischen Ostmark oder die Neubesiedlung der tschechoslowakischen Grenzgebiete nach 1945 bleiben in den Ausstellungen unerwähnt.

Aktuell ist Felix Bruckner im Forschungs- und Vermittlungsprojekt „Das Grüne Band“ beim Zentrum Erinnerungskultur an der UR aktiv und beschäftigt sich mit dem tödlichen Grenzstreifen ebenso wie mit dem darin entstandenen Biotop, das heute Teil eines länderübergreifenden Naturschutznetzwerkes ist. Anfang Juni 2024 warf er mit Kolleg*innen einen kulturgeschichtlichen Blick auf dieses „Grüne Band“ und seinen bayerisch-tschechischen Abschnitt. Beim „Tag des Grünen Bandes“, der vom Centrum Bavaria Bohemia mit Partnern veranstaltet wurde, organisierte das Zentrum Erinnerungskultur ein Erzählcafé und eine Pop-up-Ausstellung mit Ansichtskarten, um über die Erfahrungen und Erinnerungen der Besuchenden sowie die Selbstdarstellung und Wahrnehmung der Region ins Gespräch zu kommen. Es ging darum, wie die Grenze zwischen Bayern und Tschechien, die als eine der ältesten in Europa gilt, in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft immer wieder erinnert und zugleich neu gedacht wurde und wird.
Felix Bruckner, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum Erinnerungskultur der UR, forscht zum bayerisch-böhmischen Grenzraum.

Aus Wirtschaft und Geschichte

Den zweiten Platz belegten die Studien von Tizian Dick und Miriam Mähner. Tizian Dick untersuchte in seiner Diplomarbeit an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften bei Professor Dr. Gabriel Lee (Lehrstuhl für Immobilienökonomie) die Synchronisationsmuster der Konjunkturzyklen zwischen den Mitgliedern der Europäischen Währungsunion (EWU) von 1990 bis 2022 und ihre Auswirkungen auf die Theorie der optimalen Währungsräume.

Seine Ergebnisse zeigen, dass die Konjunkturzyklen der EWU-Mitgliedsstaaten keine einheitliche Synchronität aufweisen. Stattdessen haben sich laut Dick drei unterschiedliche Cluster herauskristallisiert – Kern, Peripherie und Zentrum. Bemerkenswert ist laut Gutachter, dass Dicks Analyse bis zum zweiten Quartal 2022 reicht und somit einen umfassenden Überblick über die Zyklusdynamik innerhalb der EWU bietet. Von besonderer Bedeutung ist, dass Tizian Dicks Studie das Synchronisationsverhalten über Krisenzeiten hinweg untersucht: die Finanzkrise, die Krise der Eurozone und die COVID-19-Pandemie.

„Religionsfrieden als Strategie interkonfessionellen Zusammenlebens in Ost und West. Ein diachroner Vergleich“ ist der Titel der Masterarbeit der ebenfalls Zweitplatzierten Miriam Mähner, deren Untersuchung der Intentionen von vier frühneuzeitlichen Religionsfrieden (dem Augsburger Religionsfrieden aus dem Heiligen Römischen Reich, dem Edikt von Nantes aus Frankreich, der Warschauer Konföderation aus Polen-Litauen und den Religionsedikten aus Siebenbürgen) von Professorin Dr. Natali Stegmann (Institut für Geschichte) betreut wurde.

Durch die vergleichende Perspektive gelingt es Mähner, so die Gutachten, die in ihrem nationalen Kontext häufig überhöhte Bedeutung der Religionsfrieden zu relativieren und ihre tatsächlichen historischen Errungenschaften differenzierter zu betrachten. Diese wurden vor allem von der jeweiligen Ausgangslage sowie den historischen Erfahrungen in den Herrschaftsgebieten beeinflusst, etwa der konfessionellen Zusammensetzung der Bevölkerung oder den in diesem Kontext erfahrenen Gewaltausbrüchen.


Dr. Paul Vickers (l.), LWC, Universität Regensburg, und Dr. Jan Hornát, Karls-Universität Prag, bei der Verleihung der Regensburger Area Studies Preise für das Jahr 2023.

Große Mächte und kleine Staaten

Im Anschluss an die Preisverleihungen begrüßte Dr. Paul Vickers Dr. Jan Hornát, Leiter des Departments für Nordamerika-Studien am Institut für Internationale Beziehungen der Prager Karls-Universität. Der Wissenschaftler sprach im Rahmen des Forschungskolloquiums von LWC und GS OSES und ist in einem vierwöchigen Forschungsaufenthalt in Regensburg als Fellow am LWC und dem Regensburg European American Forum (REAF) angesiedelt. Hornát sprach über „Responsibilization as a Tool of US Foreign Policy in the 21st Century: The Case of Small States“: Kleine Staaten übernehmen oft große Verantwortlichkeiten in der Weltpolitik. Wie wichtig ist die Fähigkeit, „verantwortungsvolles Verhalten“ in internationalen Angelegenheiten zu definieren? Dies scheint geboten.

Denn kleine Staaten, das machte Hornát recht deutlich, machen sich nicht selten auch unaufgefordert nützlich und agieren als „helpful fixers“ für die großen Mächte. Ihr Einfluss ist dabei häufig nicht unerheblich das Konzept der „smallness“ ist relativ. Hornát, der vor seiner akademischen Karriere in der Europa-Abteilung des tschechischen Ministeriums für Justiz tätig war, gab Beispiele aus seinem eigenen Land und gewährte spannende Einblicke in die politische Praxis.

„Kleine Staaten“ übernehmen also häufig Verantwortung für die liberale Weltordnung, helfen oft nicht zuletzt aus eigenem Antrieb dabei, autoritäre Regime auszubalancieren. Die Vereinigten Staaten von Amerika wiederum, so die Beobachtung Hornáts, übernähmen eine wichtige Rolle bei der Koordinierung und Herbeiführung solchen Verhaltens  – „Responsibilisierung“ beschreibt er auch als Machttechnik. Sie diene nicht nur der Reproduktion der liberalen internationalen Ordnung, sondern sei auch der Aufrechterhaltung von Washingtons hegemonialem Status förderlich.

twa.

Informationen/Kontakt

Über die Regensburger Area Studies Preise

Über DIMAS

Über den Leibniz-WissenschaftsCampus "Europe and America in the Modern World"

Über das Projekt „Das Grüne Band“

Zu Dr. Jan Hornát

Forschung an der Universität Regensburg: Das Gestaltungsfeld „Dynamics in the Global World“

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