Das Blatt Die Englein vor Weihnachten wurde als Weihnachtsbogen mit der Nummer 1136 dem 48. Buch im Jahre 1896 beigegeben. Der Bogen ist mit M. Cöster signiert. Ulrike Eichler hält es für wahrscheinlich, dass nach einer Verlagsübersicht ein gewisser Max Cöster damit gemeint ist. Gängige Künstlerverzeichnisse geben weder über Lebensdaten noch Werke Aufschluss. Die Grafische Anstalt Meisenbach, Riffarth & Co nennen sich auf der rechten unteren Seite als Stecher. Den Druck besorgte die Königliche Hof- und Universitäts-Buchdruckerei von Dr. C. Wolf & Sohn in München.
Der Bogen zeigt in spätromantischer Manier, welche Aufgaben die Engel vor dem Weihnachtsfest wahrnehmen: Die Englein schauen wie durch Fenster in kleine Bildchen hinein, um die Kinder zu beobachten. Artiges Verhalten, Fleiß und Geschwisterliebe werden gerne gesehen. Streit, Zwietracht und Gewalt bringen jedoch die Engel zum Weinen. Löbliches wie schimpfliches Verhalten wird fein säuberlich notiert. In zehn Vierzeilern werden die Kinder belehrt, dass der Heilige Christ mit seinem Segen am Heiligen Abend nur in ein friedvolles Haus zu braven Kindern einkehren kann.
Das Treiben der Kinder rahmt in sechs kleinen Darstellungen einen Bildstreifen in der Mitte: Oben steigt ein geflügeltes, engelsgleiches Christkind mit Schreibstift und Mappe inmitten einer Schar Engel vom Himmel herab. Am Ende des mittleren Bildstreifens liegen zwei Kinder im Bett, das vor einem Christbaum steht. Über ihren Schlaf wachen zwei Engel.
Der Text zu den Bildern:
1.
Wenn es weiße Flocken schneit,
Auf die Erde nieder,
Und die schöne Weihnachtszeit
Naht den Menschen wieder,
2.
Zieh’n die lieben Englein aus,
Schweben leis’ von Haus zu Haus
Wollen seh’n bei Jedermann,
Ob das Christkind kommen kann.
3.
Herzlich freut’s die Engelein,
Seh’n sie jetzt im Winter
An dem Tisch bei Lampenschein
Brave, fleiß’ge Kinder.
4.
Aber seh’n sie Zank und Streit,
O, wie ist’s den Englein leid!
Denn der liebe, heil’ge Christ
Kehrt nicht ein, wo Zwietracht ist.
5.
Ist ein gutes Töchterlein
Immer fromm wie heute,
Lehrt die Kleinen artig sein,
Macht’s den Engeln Freude.
6.
Doch wo Roheit und Gewalt
Herrschen, ach, da geh’n sie bald
Weinend und voll Trauer fort,
Denn kein Segen haftet dort.
7.
Tritt ein Kindlein in die Welt,
Ist ihm für sein Leben
Gleich ein Engel zugesellt,
Auf es acht zu geben.
8.
Nichts auf Erden kann gescheh’n,
Was nicht uns’re Engel seh’n;
Und sie schreiben alles auf,
Bringen’s dann zu Gott hinauf.
9.
Nur wo Lieb’ im Hause ist,
Da kehrt allerwegen
Gerne ein der heil’ge Christ,
Mit ihm Gottes Segen.
10.
Doch kein Segen gießt sich aus
Auf ein zänkisch, friedlos Haus;
Hätt’s auch Gaben mancherlei –
Gottes Segen fehlt dabei.
M. Cöster: Die Englein vor Weihnachten.
Nr. 1136. 1896. (Ausschnitt)