Vom 18. bis zum 22. März 2024 boten Prof. Dr. Yves Kingata und Prof. Dr. Stefan Ihli Studierenden der Universität Regensburg, der KU Eichstätt-Ingolstadt sowie Mitarbeitern des bischöflichen Ordinariats Rottenburg-Stuttgart die Möglichkeit, im Rahmen eines staatskirchenrechtlichen Exkursionsseminars in Berlin Einblicke in den dortigen politischen Betrieb und die damit verbundenen Akteure und Institutionen zu erhalten. Dabei lag der Schwerpunkt nicht nur auf einem allgemeinen Kennenlernen politischer Prozesse, sondern auch darauf, gerade Institutionen, die aus kirchlicher Perspektive gesellschaftlich relevante Entscheidungen auf Bundesebene begleiten und sich diskursiv einbringen, zu betrachten. Der Hauptorganisator, Prof. Dr. Stefan Ihli, konnte hier für die fünf Tage in Berlin ein spannendes, vielfältiges und umfassendes Programm organisieren, das dieses Ziel ermöglichte.
Nachdem die Exkursion am Montag mit einem Besuch der Kuppel des Bundestages begann, standen am ersten Tag zunächst zwei Fachgespräche jeweils mit einem Referenten des Bundesinnenministeriums und des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf dem Programm. Die Referenten stellten ihre Ressorts vor und berücksichtigten in ihren Gesprächen auch kontroversere Anmerkungen und Diskussionspunkte der Beteiligten.
Der zweite Tag begann zunächst mit einem Besuch der Gedenkstätte der Berliner Mauer – neben dem politinstitutionellen Teil der Exkursion sollten auch verschiedene Gedenkstätten zu Orten mit historischer Relevanz für den deutschen Staat und die deutsche Gesellschaft besucht werden. Danach stand ein Besuch beim Caritasverband sowie bei den Caritaskonferenzen auf dem Programm. Hier konnte insbesondere der Prozess der Lobbyarbeit und Interessensvertretung aus einer christlichen Perspektive veranschaulicht werden – etwas, was durch ein Fachgespräch mit dem Leiter des katholischen Büros in Berlin – der Schnittstelle zwischen Kirche und Politik – noch vertieft werden konnte. Daraufhin stellte Marc Frings, der Generalsekretär des ZdK, dessen Arbeit vor, bevor abschließend noch ein Austausch mit dem Leiter der katholischen Nachrichtenagentur auf dem Programm stand.
Am dritten Tag der Exkursion stand ein inhaltliches Highlight für die Teilnehmenden auf dem Programm: Im Bundespräsidialamt konnte sowohl Prof. Pieper, der Leiter der dortigen Rechtsabteilung, die alle Gesetzesentwürfe, die der Bundespräsident ausfertigt, prüft, mit einem spannenden Vortrag über seine Arbeit referieren als auch in einer Führung im Schloss Bellevue mit einigen Anekdoten aus dem Leben und Arbeiten der letzten Bundespräsidenten für das eine oder andere Schmunzeln sorgen. Nach einem Besuch im Tränenpalast stellte das katholische Militärbischofsamt seine Aufgaben vor und beschrieb intensiv, wie Auslandseinsätze der Bundeswehr seelsorgerlich begleitet werden. Der dritte Tag wurde mit einem Fachgespräch mit der Vorsitzenden des KDFB, Frau MdB Anja Karliczek, die über ihre Rolle in der Politik und ihre Arbeit als Abgeordnete informierte, abgerundet.
Der vorletzte Tag begann – unter strömendem Regen – mit einem Besuch in der apostolischen Nuntiatur. Msgr. Dötsch, der als deutscher Diözesanpriester aus dem Bistum Trier dort unterstützend arbeitet, stellte die Aufgaben der Nuntiatur und die Rolle des Nuntius im diplomatischen Corps der Bundesrepublik vor, wobei auch eine Führung in der Hauskapelle der Nuntiatur nicht fehlen durfte. Anschließend stand mit dem Besuch der Gedenkstätte „Topografie des Terrors“ wieder eine Besichtigung einer eindrücklichen historischen Stätte auf dem Programm. Am Nachmittag stellte ein Vertreter der Vertretung des Freistaats Bayern in Berlin seine Arbeit und die Beteiligung der Länder am Gesetzgebungsprozess vor, bevor nach einem Spaziergang am Holocaust-Denkmal vorbei noch eine Besichtigung der Ausstellung zum deutschen Widerstand während der NS-Diktatur auf dem Programm stand.
Der abschließende Freitag begann früh mit zwei letzten Abgeordnetengesprächen, bei denen die Teilnehmer sowohl mit Frank Schwabe, dem Beauftragten der Bundesregierung für die weltweite Religions- und Weltanschauungsfreiheit, als auch mit Prof. Monika Grütters ins Gespräch kamen. Den Abschluss der Exkursion stellte dann ein Besuch im Justizministerium dar, der sowohl aus einem Fachgespräch mit dem Referenten für Menschenrechte als auch einer Hausbesichtigung bestand. Hier blieb den Teilnehmenden insbesondere der Ort, an dem Günter Schabowski 1989 in einem historischen Versprecher die innerdeutsche Grenze an der Berliner Mauer öffnete, in Erinnerung.
Abschließend darf an dieser Stelle nochmals ein Dank an Prof. Dr. Stefan Ihli ausgesprochen werden, der die Reisegruppe umsichtig durch das Programm und die Transfers führte und mit seiner Organisationsexpertise dazu beitrug, dass die Teilnehmenden Einblicke bekamen, die sich alleine nur schwer oder gar nicht realisieren lassen.
Am Mittwoch, den 17. Januar 2024 hatte eine Gruppe Studierender die einzigartige Gelegenheit, das Bischöfliche Konsistorium in Begleitung von Prof. Dr. Yves Kingata zu besuchen. Der Offizial und Domdekan Dr. jur. can. Josef Ammer und die Offizialatsrätin und Vernehmungsrichterin Frau Lic. jur. can. Ingrid Hasenbein standen den interessierten Studierenden Rede und Antwort, um ein tieferes Verständnis für die kirchliche Rechtsprechung zu vermitteln.
Historische Entwicklung und Ursprünge:
Zu Beginn gewährte Offizial Domdekan Dr. jur. can. Josef Ammer einen Einblick in die historischen Wurzeln der Bischöflichen Konsistorien, die bis ins 10. Jahrhundert zurückreichen. Seit dem Bayerischen Konkordat von 1817 ist das Konsistorium im Bistum Regensburg als Gericht für Ehesachen aktiv. Trotz Strukturanpassungen im Jahr 1826 blieb es für Ehesachen verantwortlich und gewann ab den 1950er Jahren zunehmend an Bedeutung im Bereich der Eheannullierungen. Prälat Dr. Josef Ammer leitet es seit dem 1. Februar 2006.
Organisation des Konsistoriums:
Dr. Ammer erläuterte die personelle Struktur des Bischöflichen Konsistoriums und klärte über die Aufgaben von Offizial, Vizeoffizial, Bischöflichem Notar, Offizialatsrätin und Vernehmungsrichterin auf. In der Diözese Regensburg fungiert Bischof Dr. Rudolf Voderholzer als oberster Richter, lässt sich aber in dieser Funktion durch den Gerichtsvikar vertreten, der im selben Richterstuhl sitzt. Daher sind Berufungen gegen Urteile des Gerichtsvikars nicht möglich. Das Diözesangericht Regensburg agiert als erste Instanz. Es bestehen Berufungsmöglichkeiten an das Erzbischöfliche Konsistorium und Metropolitangericht München und Freising sowie letztendlich an die Rota Romana in Rom als höchste Instanz der katholischen Kirche.
Ablauf eines Ehenichtigkeitsverfahrens
Frau Lic. jur. can. Ingrid Hasenbein fokussierte sich auf den praxisnahen Ablauf eines Ehenichtigkeitsverfahrens. Sie erklärte, wie solche Verfahren ablaufen und welche Schritte dabei durchlaufen werden. Besonderes Interesse hatten die Studierenden an den verschiedenen Gründen für Ehenichtigkeit, welche Frau Hasenbein praxisnah erläuterte. Dabei wurde deutlich, dass es sich um komplexe juristische Fragestellungen handelt, die sorgfältiger Prüfung bedürfen.
Am Ende der Veranstaltung bedankte sich Professor Dr. Yves Kingata herzlich bei Dr. Josef Ammer und Frau Ingrid Hasenbein für die aufschlussreichen Erklärungen, welche den Studierenden einen praxisnahen weitreichenden Blick in die kirchliche Gerichtsbarkeit im Bistum Regensburg ermöglicht haben.
Am 29. Juni 2023 konnte Prof. Dr. Yves Kingata den Generalvikar des Bistums Regensburg, Herrn Dr. Roland Batz, an der Universität begrüßen. Als fachkundiger Moderator der bischöflichen Kurie des Bistums Regensburg und Koordinator der Arbeit an der Diözesankurie erläuterte Herr Dr. Batz das Amt des Generalvikars und stand den Studierenden für Fragen zur Verfügung.
Herr Dr. Batz informierte zunächst darüber, dass ein Generalvikar (vgl. c. 475 CIC) vom Diözesanbischof frei ernannt und abberufen werden kann. Es obliegt allein dem Diözesanbischof, wem er entsprechende Fähigkeiten zutraut und ausreichend Vertrauen entgegenbringt, ihn in kollegialer Zusammenarbeit bei der Führung der diözesanen Geschäfte bestmöglich zu unterstützen.
Nach dieser kurzen Einführung fokussierte sich Herr Dr. Batz auf seine Rolle als „Alter Ego“ des Diözesanbischofs im Bereich der ausführenden Gewalt und betonte dabei, dass sich der Generalvikar dem bischöflichen Willen und den Weisungen des Bischofs stets unterzuordnen hat. Dann erläuterte er die Organisation der Diözesankurie des Bistums Regensburg anhand des Organigramms, das er mitgebracht hatte: Der Generalvikar übernimmt die Koordination aller Hauptreferate des Bischöflichen Ordinariates. Als Beispiele seien die Seelsorge (HA 2), Pastorales Personal und Pfarreienunterstützung (HA 3) sowie Orden bzw. Geistliche Gemeinschaften (HA 4) genannt. Die Hauptabteilungen untergliedern sich wiederum in verschiedene Abteilungen, die ebenfalls dem Generalvikar unterstellt sind.
Neben den Hauptabteilungen verfügt der Generalvikar über mehrere Stabsstellen: Arbeitssicherheit, Kinder- und Jugendschutz, Datenschutz und Interne Revision.
Einige wenige Einrichtungen sind dem Generalvikar nicht unterstellt, etwa der Caritasverband für die Diözese Regensburg e. V., die Schulstiftung sowie zugeordnete Einrichtungen z.B. die Pfründepachtstelle. Die Beauftragte für sexuellen Missbrauch ist dem Generalvikar ebenfalls nicht unterstellt.
Nach c. 473 § 3 CIC fungiert der Generalvikar als Moderator der Kurie und übernimmt deswegen die Moderation der wöchentlichen Sitzungen des Bischofs mit den Leiter:innen der Hauptabteilungen. Darüber hinaus ist der Generalvikar auch mit einigen seelsorglichen Fragen befasst, etwa mit der Erlaubnis der Messe nach dem MP Traditiones custodes, der Kirchenfinanzierung und den Kirchenaustritten.
Am Ende seiner Ausführungen stand Herr Dr. Batz den Studierenden für Fragen zur Verfügung und konnte ihnen aus einer gesunden Mischung von Praxis und Theorie interessante Antworten geben.
Prof. Dr. Yves Kingata
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