Das Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg wurde im November 1977 von Walter Höllerer, Autor, Mitglied der Gruppe 47, Herausgeber, Literaturkritiker und -wissenschaftler, gegründet. Walter Höllerer (1922-2003) war gebürtiger Sulzbacher und entschloss sich, obwohl er zu dieser Zeit seit langem in Berlin lebte, seine Sammlungen der Heimatstadt als Schenkung zu übergeben. Im ehemaligen Amtsgerichtsgebäude fand das Archiv mit zunächst über 35.000 Autor*innenbriefen seinen Platz. Später kamen weitere Briefe, aber auch Manuskripte und andere Dokumente aus den Beständen Höllerers sowie zahlreiche Schenkungen von mit dem Haus verbundenen Autor*innen hinzu, so dass es heute über einen Bestand zur deutschsprachigen Literatur von nationalem Rang verfügt, insbesondere zur Gruppe 47 und zum Literaturbetrieb der 1950er und 1960er Jahre.
Das Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg versteht sich seit seiner Gründung gleichermaßen als Archiv und LIteraturhaus. Nach vereinzelten Lesungen 1978 etablierte sich ab dem darauffolgenden Jahr ein regelmäßiges Veranstaltungsprogramm. Neben moderierten Autor*innenlesungen bietet es Wochenendtagungen, Werkstattgespräche, Literatur und Musik sowie wechselnde Ausstellungen zu Literatur und Kunst. Ein thematischer Schwerpunkt bildet der Blick nach Osteuropa, insbesondere über die Grenze ins benachbarte Tschechien. Zeitgenössische Literatur in der Provinz- diese Losung galt und gilt nicht nur für die Archivbestände, sondern auch und vor allem für die Aktivitäten, die das Literaturarchiv zum Literaturhaus machen. Diese Doppelfunktion hat sich über 40 Jahre als tragfähig erwiesen, das Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg ist ein aus der Region und der überregionalen Literaturlandschaft nicht mehr wegzudenkender Treffpunkt für Autor*innen und Leser*innen, für Literaturwissenschaftler*innen und Kulturinteressierte.
Am 16. Oktober 1976 gründete sich der Verein „Literaturarchiv Sulzbach-Regensburg“, der sich verpflichtet, „Materialien zur deutschen Literatur seit 1945 zu sammeln, zu ordnen und der Allgemeinheit zugänglich zu machen.“ Gründungsmitglieder sind u.a. das Literarische Colloquium Berlin, die Stadt Sulzbach-Rosenberg und die Universität Regensburg, die bis heute im Vorstand vertreten sind. Von Beginn an ist unsere Universität dem Literaturarchiv damit eng verbunden. In der Vereinssatzung wird ausdrücklich die Anregung von „Forschungsarbeiten“ in Zusammenarbeit „mit dem Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaften der Universität Regensburg“ als Vereinszweck festgeschrieben. Erster Vorsitzender des Vereins ist seit 2014 PD Dr. habil Heribert Tommek.
Für die wissenschaftliche Betreuung des Literaturarchivs ist an der Universität Regensburg seit 2019 Dr. Rainer Barbey vom Lehrstuhl Neuere deutsche Literaturwissenschaft 2 zuständig. Der Lehrstuhl leistet dadurch einen wesentlichen Beitrag zur Förderung des literarischen Lebens und zur Wissenschaftsvermittlung in der Region Oberpfalz. Doch auch für die Regensburger Germanistik stellt das Literaturarchiv einen nachhaltigen wissenschaftlichen Zugewinn dar, der seit vielen Jahren vielfältige Möglichkeiten für Forschungsarbeiten, Drittmittelprojekte, literaturwissenschaftliche Tagungen und innovative Lehrveranstaltungen vor Ort unter Einschluss von Archivalien eröffnet hat.