Zu Hauptinhalt springen

Aktuelle Meldungen aus der Forschung an der UR

Herstellung von Terpenen

Forschende aus Leipzig und Regensburg entwickeln effizientes Verfahren für chemische Synthese von Terpenen


20. Februar 2023

Ein Wissenschaftler*innenteam rund um Prof. Dr. Tanja Gulder vom Institut für Organische Chemie der Universität Leipzig und Prof. Dr. Dominik Horinek vom Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Universität Regensburg hat eine vereinfachte und effiziente Methode entwickelt, um Terpene künstlich herzustellen. Terpene sind eine umfangreiche und vielfältige Klasse von Naturstoffen. Sie erfüllen entscheidende Rollen bei der Kommunikation und dem Stoffwechsel, angefangen von Insekten, bis hin zu uns Menschen oder in Verteidigungsmechanismen, wie dem Schutz von Pflanzen gegen Fressfeinde, Pilze und Bakterien. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Terpene auch im großen Maßstab industriell verwendet werden: Sei es als Geruchsstoff in Parfüms, in der Lebensmittelindustrie oder bei der Herstellung von Krebsmedikamenten, die Anwendungsgebiete sind zahlreich und es werden jährlich unterschiedlichste Terpene im Tonnenmaßstab benötigt. Ihre Gewinnung basierte leider bislang meist auf Ausgangsszenarien mit harschen Bedingungen oder basiert auf der Extraktion natürlicher Substanzen. Die Forschungsergebnisse wurden jetzt in dem international renommierten Fachmagazin „Nature Communications“ veröffentlicht.

Das Vorgehen der Wissenschaftler*innen folgt einem flexiblen Baukastenprinzip, was erlaubt, ausgehend von einfachen und gut verfügbaren Startmaterialien, gezielt die jeweils benötigten Naturstoffe herzustellen und kann somit leicht in bestehenden Laboren eingesetzt werden. Um dies zu erreichen hat das Team die in der Natur enzymatisch vorkommenden Prozesse mit Hilfe von Katalysatoren in fluorierten Alkoholen nachgebildet. 

Das Problem der räumlichen Anordnung: Die Lösung der Natur
Es gibt Terpene, die sich in Bezug auf Art und Anzahl ihrer Atomverbindungen gleichen – deren räumliche Anordnungen jedoch unterschiedlich sind. „Solche atomaren Unterschiede entscheiden im einfachen Falle, ob etwas nach Kümmel oder Orange schmeckt“, so Prof. Dr. Gulder. Solche Unterschiede könnten aber auch bedeuten, dass ein Terpen völlig anders im menschlichen Organismus wirkt als das andere. Irrtümer hier können sich fatal auswirken. Die Natur schafft es jedoch problemlos die jeweils benötigte Variante herzustellen. Dabei bedient sie sich sogenannter Terpencyclasen. Dabei handelt es sich um Enzyme, die in biologischen Reaktionen die jeweilige bewegliche Kohlenstoffkette in eine dreidimensionale Form zwängen, die das Produkts nach der Reaktion bestimmt. Danach ist das entstandene Terpen unveränderbar.  

Die neue Lösung im Labor: Flüssigbaukasten mit fluorierten Alkoholen
Dem Team gelang es, eine passgenaue, enzymähnliche Umgebung für die Bildung von Terpenen zu designen, die aus leicht verfügbaren chemischen Substanzen besteht. Je nach unterschiedlichen Ausgangstoffen und Zusätzen, die als Katalysatoren fungieren, können unterschiedliche Terpene künstlich hergestellt werden. Dreh- und Angelpunkt der neuen Herangehensweise sind die Eigenschaften von fluorierten Alkoholen: Ähnlich wie die Terpencyclasen der Natur ist es damit möglich räumliche Anordnungen der Kohlenstoffgerüste zu beeinflussen und somit genau auf die jeweils gewünschten Produkte zu anzupassen.
Die Frage, warum dies geschieht, war Schwerpunkt der Arbeiten der Regensburger Gruppe um Prof. Dr. Horinek. „Mittels Computersimulationen konnten wir feststellen, dass sich in dem fluorierten Alkohol im Gegensatz zu den ansonsten verwendeten Lösemitteln die ionischen Katalysatormoleküle zu faszinierenden Strukturen, die weit über einzelne Moleküle hinausgehen zusammenlagern: So bilden sich beispielsweise Netzwerke, Helices oder Ringe aus“, erklärt Philipp Dullinger, der im Rahmen des DFG geförderten Graduiertenkollegs „RTG 2620 - Ionenpaare in Reaktion“ an seiner Promotion arbeitet. 
Die Resultate zu den gefundenen Strukturen betätigten, dass die Konformation bei der Terpensynthese analog zu Enzymen durch übermolekulare Strukturen beeinflusst werden kann. 

 Originalpublikation in "Nature Communications":
Arnold, A.M., Dullinger, P., Biswas, A. et al. “Enzyme-like polyene cyclizations catalyzed by dynamic, self-assembled, supramolecular fluoro alcohol-amine clusters”. Nature Communications 14, 813 (2023). https://doi.org/10.1038/s41467-023-36157-0
 

In der Abbildung wird eine Kohlenstoffkette durch den Katalysator (engl. abgekürzt cat - wie Katze) in eine anhaltende Form gebracht, was durch die Schraubzwingen dargestellt wird. In Realität fungiert die stark bindende Lösung als Katalysator, in der Wasserstoffatome durch Fluoratome ersetzt wurden. Der "Kleber" ist die Reaktion. © Dr. Christoph Selg

Informationen/Kontakt

Prof. Dr. Dominik Horinek
Institut für Physikalische und Theoretische Chemie
Universität Regensburg 
Tel.: +49 (0)941 943 4745, 
E-Mail Dominik.Horinek@ur.de
http://www.ur.de/Fakultaeten/nat_Fak_IV/Physikalische_Chemie/Horinek/
 

Kommunikation & Marketing

 

Anschnitt Sommer Ar- 35_

→ Forschungsmagazin

Forschungsprojekte