Das Studium der Wirtschafts- und Sozialgeschichte ermöglicht Studierenden der Geschichtswissenschaft, sich mit sozioökonomischen Fragen der Vergangenheit auseinanderzusetzen, z.B. dem Wirtschaftswachstum, dem Lebensstandard oder der Sozialpolitik. Für die Beschreibung und Analyse historischer sozioökonomischer Probleme können sie sich Konzepte, Methoden und Ergebnisse der Sozialwissenschaften aneignen.
Studierende der Wirtschaftswissenschaften und anderer Studiengänge lernen, theoretische Modelle, Konzepte und Methoden ihres Fachs, die zunächst als eher trockener Stoff empfunden werden, auf historische Fragen anzuwenden und dadurch ihren Wert zu entdecken.
Den Studierenden wird somit der Erwerb inhaltlicher und methodischer Kenntnisse angeboten, die es ermöglichen, nicht nur die sozioökonomische Dimension in der Vergangenheit, sondern gerade auch in der Gegenwart besser zu verstehen.
Gegenstandsbereich der Wirtschafts- und Sozialgeschichte ist die wirtschaftliche und soziale Dimension menschlichen Handelns in der Vergangenheit. Sie ist daher in stärkerem Maße strukturell geprägt als andere Teildisziplinen der Geschichtswissenschaft. Zugleich beschäftigt sie sich viel intensiver mit dem Alltag der Menschen in historischen Gesellschaften, der sehr stark von Arbeit und Not geprägt war.
Während sich der Gegenstandsbereich der Wirtschaftsgeschichte verhältnismäßig leicht durch ein paar Schlagworte grob umreißen lässt – Einsatz der Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital, daraus entstehende Einkommen und deren Verteilung, Motive und Wirkungen der Wirtschaftspolitik –, ist dies für die Sozialgeschichte deutlich schwieriger, da streng genommen jede Interaktion von Menschen ein sozialer Akt ist. Am Lehrstuhl wird daher die Sozialgeschichte vor allem in ihrer materiellen und ihrer politischen Dimension betrachtet. Schlagworte sind etwa soziale Unterschiede, soziale Schichten, Sozialpolitik, Sozialversicherungssysteme, Arbeitsbeziehungen, Arbeitsmigration usw. Ein besonderer Schwerpunkt liegt in der Beschäftigung sowohl mit der Wirtschafts- als auch mit der Sozialgeschichte darin, die Wechselwirkung zur Politik herauszuarbeiten.
Methoden: Für die Beschreibung und Analyse wirtschafts- und sozialhistorischer Tatbestände ist es oft notwendig, historische Daten zu erheben und mit Durchschnitts- und Verteilungsmaßen zu operieren Wie jede andere Quelle auch sind dabei die Daten quellenkritisch zu hinterfragen; zudem ist die (oft mangelnde) Repräsentativität bestimmter Ergebnisse zu problematisieren. Die Wirtschafts- und Sozialgeschichte bedient sich daher neben klassischer historiographischer auch wirtschafts- und sozialstatistischer Methoden, die den entsprechenden systematischen Wissenschaften entlehnt werden. Dabei ist jedoch stets zu hinterfragen, inwieweit heute gängige Konzepte und Methoden auf die historische Fragestellung anwendbar sind.
Wissenschaftliche Verortung: Die Wirtschafts- und Sozialgeschichte ist somit ein Brückenfach zwischen der Geschichtswissenschaft und den Sozialwissenschaften. Sie geht primär historiographischen Fragestellungen nach, kann jedoch zuweilen auch beitragen, Probleme der systematischen Wissenschaften zu erhellen oder sogar zu erklären. In beiden Fällen bedient sie sich eines methodischen Instrumentariums aus beiden Wissenschaftsbereichen.
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REGENSBURGER ZUCKERFABRIK: Fürst Albert von Thurn und Taxis gehörte zu den Gründern der Bayerischen Zucker AG, die später in der „Süddeutschen Zucker-Aktiengesellschaft“ aufging. Im Laufe ihrer Geschichte war die Regensburger Zuckerfabrik, die zunächst in der Innenstadt ihren Standort hatte, zeitweise die größte Zuckerfabrik Deutschlands.
Aus: Die Industrie der Oberpfalz in Wort und Bild, Regensburg, Habbel Verlag 1914 (Exemplar der Staatlichen Bibliothek Regensburg. 999/Bav.2924).